Politik

Wer schon studiert, erfährt aktuell Erleichterungen. (Foto: dpa/Peter Kneffel)

02.07.2021

Hemmschuh Numerus clausus

Zurzeit sind viele junge Leute auf der Suche nach einem Studienplatz – für welche Fächer es Beschränkungen gibt

Bereits der zweite Abiturjahrgang unter Corona-Bedingungen beendet die Schule – und die jungen Menschen, die studieren möchten, stellen sich die Frage: Bekomme ich meinen Studienplatz oder haben sich die Zulassungsvoraussetzungen verschärft? Vielfach wird der Studienzugang ja über einen Numerus clausus (NC) reglementiert.

Theresa Graupner (19) aus Scheyern im Landkreis Pfaffenhofen möchte gern Psychologie studieren. Ihr Abiturdurchschnitt beträgt 2,0. Das ist nicht schlecht. Aber ob es reicht? Schwierig. Zum vergangenen Wintersemester 2020/21 betrug der NC für Psychologie in Bayern im Schnitt 1,3. Etwas bessere Chancen hatte man bei Jura, hier lag er bei 2,3. Bei Veterinärmedizin waren es dagegen zuletzt 1,4, und Humanmedizin nahm mit einem NC von zuletzt 1,0 den Spitzenplatz ein.

Das heißt nicht, dass Theresa definitiv draußen ist. Viele Abiturient*innen denken, der NC sei gleichzusetzen mit ihrer Abiturnote – ein Irrtum, wie Michael Becker, der Sprecher des bayerischen Wissenschaftsministeriums, darlegt. Eine Zulassungsbeschränkung erfolge nur, wenn der Andrang der Studieninteressenten die Kapazitäten der Hochschule zu übersteigen droht, erläutert Becker. Und das ist je nach Uni-Ort verschieden.

„Mit welcher Abiturnote man gerade noch in einen Studiengang aufgenommen wird, zeigt sich erst, wenn der letzte Studienplatz vergeben wurde“, so Becker. „Es ist daher durchaus möglich, dass eine Bewerberin oder ein Bewerber mit einem Abiturdurchschnitt von 4,0 einen Studienplatz in einem zulassungsbeschränkten Studiengang erhält.“

An den staatlichen Hochschulen Bayerns sind nach Beckers Angaben derzeit 240 sogenannte grundständige Studiengänge zulassungsbeschränkt. Grundständig bedeutet: Diese führen zum ersten Abschluss, in der Regel der Bachelor. Wer dann noch einen Master draufsatteln möchte, muss sich erneut qualifizieren. Hier sind die Hürden meist höher. Denn die Hochschulreform zielte darauf ab, möglichst viele junge Menschen schon mit dem Bachelor nach drei bis vier Jahren ins Berufsleben zu entlassen. Dass immer mehr B.A.-Studierende den Master machen wollen, war weder geplant noch gewollt.

Psychologie ist begehrt

Selbst wer am NC formal scheitert, muss nicht in jedem Fall auf das Wunschstudium verzichten. Zwar werden etwa in den besonders beliebten Fächern 30 Prozent der Plätze nach Abiturnote vergeben. Zusätzlich gibt es aber zehn Prozent der Plätze für Bewerber*innen, die besonders geeignet erscheinen – etwa durch Vorbildung oder praktische Tätigkeiten. Das kann etwa die ausgebildete Krankenschwester mit Abitur sein.

Neben den medizinischen Fächern sind an der Ludwig-Maximilians-Universität besonders Jura und Grundschuldidaktik gefragt, berichtet Constanze Drewlo von der LMU-Kommunikationsabteilung. In Jura sind es 23 Prozent mehr als im Wintersemester 2019/20. Auch Betriebswirtschaft boome: Das Nachfrage-Plus beträgt 38 Prozent.

An der Technischen Universität München spielt der Numerus clausus dagegen kaum eine Rolle. Er werde „nur in wenigen Fällen genutzt, da uns die Eignungsfeststellungsverfahren und Studienorientierungsverfahren eine differenziertere Auswahl auf Grundlage von Motivation, Persönlichkeit und Engagement über die reinen Noten hinaus ermöglichen“, erläutert Sprecher Ulrich Meyer.

Aktuell gibt es einen NC an der TU München nur in Medizin und Psychologie mit schulpsychologischem Schwerpunkt. Da hätte Theresa noch mal Glück. Laut Meyer geht man an der TU München von einem starken Zuwachs der Bewerberzahlen im Masterbereich (besonders international) aus, sowie von einer ebenfalls deutlichen, wenn auch weniger ausgeprägten Steigerung der Bachelor-Bewerbungen. Die Bewerbungsfrist für die Bachelorstudiengänge habe man auch an der TU München nochmals bis zum 31. Juli dieses Jahres verlängert.

An der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt wiederum gehören zu den beliebtesten zulassungsbeschränkten Studiengängen laut Sprecher Constantin Schulte Strathaus derzeit Psychologie und Journalistik. Bei Journalistik spielt aber das Auswahlverfahren eine wichtigere Rolle als die Abiturnote. Überhaupt gibt es bei diesem Studienfach keinen landesweiten NC, sondern jede Hochschule legt die Schwelle selbst fest.

An der Universität Bayreuth gibt es aktuell nur vier NC-Studiengänge: den Master Sportökonomie sowie die drei Bachelorstudiengänge Sportökonomie, Deutsch-Spanischer Bachelor Rechtswissenschaft und Deutsch-Französischer Bachelor Rechtswissenschaft. In diesen sind die Bewerbungszahlen im Vergleich zum Wintersemester 2019/20 um rund zehn Prozent zurückgegangen. Das lasse sich aber „nicht zuverlässig auf Corona zurückführen“, so Uni-Sprecherin Anja-Maria Meister.

Wer schon studiert, erfährt aktuell Erleichterungen. In Bezug auf die in den für Studiengänge maßgeblichen Prüfungsordnungen festgelegten Regeltermine und Fristen gelten das Sommersemester 2020, das Wintersemester 2020/21 und das Sommersemester 2021 nicht als Fachsemester. Und für alle in einem der drei Semester immatrikulierten und nicht beurlaubten Studierenden gilt eine von der Regelstudienzeit abweichende individuelle Regelstudienzeit.

Diese Woche machte Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) den Studierenden ein Impfangebot. Damit zum Wintersemester wieder mehr Präsenzveranstaltungen abgehalten werden können – sofern man einen Studienplatz ergattern konnte.
(André Paul)

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