Politik

CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet am Tag nach der Wahl. (Foto: dpa/Michael Kappeler)

28.09.2021

Kritik an Armin Laschet wird lauter

Der CDU-Vorsitzende gerät mehr und mehr unter Druck. Nach dem historisch schlechten Abschneiden bei der Bundestagswahl mehren sich die Stimmen in der Union nach personellen Konsequenzen aus dem Debakel - scharfe Kritik kommt auch aus der CSU

Nach dem Desaster bei der Bundestagswahl bahnt sich bei der Union der erste innerparteiliche Machtkampf an. Am Dienstagnachmittag wollte die Fraktion zu ihrer ersten Sitzung zusammenkommen. Dabei wird üblicherweise auch der neue Vorsitzende gewählt. Der bisherige Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) ist offensichtlich nicht bereit, das Amt nur kommissarisch weiterzuführen, sondern will sich - wie üblich - für ein Jahr wählen lassen.

Der CDU-Vorsitzende Armin Laschet hatte am Montag angekündigt, gemeinsam mit CSU-Chef Markus Söder vorzuschlagen, den Fraktionsvorsitz erst einmal nur vorübergehend zu bestimmen - zum Unmut von Brinkhaus.

Söder erklärte allerdings am Vorabend in der ARD, mit Brinkhaus habe die CSU "sehr gute Erfahrungen" gemacht. "Es gäbe auch Andere, aber das wäre eine Option." Möglicherweise werde es einen gemeinsamen Vorschlag beider Parteivorsitzenden geben. Söder plädierte dafür, "Klarheit" für die Fraktion zu schaffen. "Es wäre vielleicht ganz gut, wenn wir da eine klare Linie haben, dass das nicht nur für ein paar Tage gilt, sondern für länger."

Laschet hatte erklärt, er gehe "ohne Rückfahrkarte" nach Berlin

Laschet hatte im Vorfeld der Bundestagswahl erklärt, er gehe "ohne Rückfahrkarte" nach Berlin - auch, wenn er nicht Kanzler werde. Sollte die Union auf der Oppositionsbank landen, wäre der Fraktionsvorsitz der einzige wichtige Posten, der zu vergeben wäre. Nachdem Laschet die CDU bei der Bundestagswahl zu einem historisch schlechten Ergebnis hinter der SPD geführt hat, sieht er sich mit immer mehr Kritik konfrontiert.

Hierin stimmte am Dienstag auch der CDU-Wirtschaftsflügel im Südwesten ein. Die CDU brauche "eine rasche inhaltliche und personelle Erneuerung" in Bund und Land. Das "zweite desaströse Wahlergebnis nach der Landtagswahl in Baden-Württemberg" stelle das Überleben der CDU als Volkspartei in Frage, teilte die Mittelstands- und Wirtschaftsunion Baden-Württemberg (MIT) in Stuttgart mit.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) stellte in der Sendung "Frühstart" von RTL/ntv klar, dass die Union keinen Auftrag habe, die Regierungsbildung voranzutreiben. Er gratulierte SPD, Grünen und FDP zu deren Abschneiden bei der Bundestagswahl. Mit Blick auf mögliche Jamaika-Sondierungen mit Grünen und FDP sagte Altmaier: "Wir formulieren keinen Regierungsanspruch, der gottgegeben ist, aber wir entziehen uns nicht unserer staatspolitischen Verantwortung."

Auch Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier unterstrich: "Wir haben keinen Anspruch auf Regierungsverantwortung." Junge-Union-Chef Tilman Kuban sagte: "Wir haben die Wahl verloren. Punkt." Der klare Auftrag liege bei SPD, Grünen und FDP.

Obwohl die Union auf 24,1 Prozent abstürzte, hofft Laschet immer noch, mit einem Bündnis aus Grünen und FDP ins Kanzleramt einziehen zu können. Allerdings wächst der Widerstand gegen diese Strategie.

Füracker (CSU) macht Laschet für die Niederlage verantwortlich

Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) sieht die Verantwortung für die Niederlage der Union bei der Bundestagswahl maßgeblich bei Laschet. "Die CSU ist für diese Niederlage nicht verantwortlich. Das zeigt schon der Blick nach Nordrhein-Westfalen: Dort ist die CDU auf 26 Prozent abgerutscht und liegt jetzt 3 Prozent hinter der SPD. Und das, obwohl der Kanzlerkandidat aus dem eigenen Land kommt", sagte Füracker der "Rheinischen Post" (Dienstag).

Da sei kein Heimvorteil erkennbar, das sei schon ein "ziemliches Desaster", ergänzte der CSU-Politiker. Die CSU, die von Markus Söder geführt wird, sei bei dieser Wahl noch der "stabilisierende Faktor" gewesen. "Für Bayern bin ich mir sicher, dass wir mit einem Kanzlerkandidaten Söder klar über 40 Prozent gekommen wären", sagte er.

Kritisch äußerte sich Füracker auch darüber, dass die CDU in den ostdeutschen Bundesländern Thüringen und Sachsen hinter der dort führenden AfD gelandet sei. "Dass die AfD in beiden Bundesländern stärkste Kraft geworden ist, ist auch staatspolitisch ein riesiges Problem."

Grüne und FDP wollen sich am Mittwoch treffen

Die SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz ist bei der Wahl mit 25,7 Prozent stärkste Partei geworden und leitet aus dem Ergebnis einen klaren Wählerauftrag zur Regierungsbildung ab. Scholz will rasch eine Regierung bilden, er sieht genügend Gemeinsamkeiten mit Grünen und FDP. "Es gibt ja Schnittmengen", betonte er am Montagabend im ZDF.

Erste Sondierungsgespräche mit Grünen und FDP könnten nach Aussage von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich noch in dieser Woche geführt werden. Mützenich sagte vor einer Fraktionssitzung mit den bisherigen und den neugewählten Abgeordneten im Bundestag: "Wir sind bereit, nicht nur schnelle, sondern auch verlässliche Gespräche zu führen."

Nach "Spiegel"-Informationen haben sich Grüne und FDP auf ein erstes Treffen am Mittwoch verständigt. FDP-Chef Christian Lindner hatte noch am Wahlabend vorgeschlagen, dass sich beide Parteien vorab zusammensetzen, um Schnittmengen und Kompromisschancen bei gegensätzlichen Positionen auszuloten.
Auch die neuen Fraktionen von SPD, Grünen und Linken kommen zu ersten Beratungen zusammen.
(dpa)

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