Die einen wollen sie einreißen, die anderen stärken: die Brandmauer zur AfD. Bundeskanzler Merz erklärte jüngst, die Überschneidungen von Union und AfD seien gering. Doch stimmt das? Ein Überblick über die Unterschiede und Überschneidungen der Parteien in wichtigen Themenbereichen.
Migration
Sowohl Union als auch AfD wollen die illegale Migration bekämpfen, verstärkt abschieben und Pullfaktoren verringern, also etwa Sozialleistungen einschränken. Allerdings: Die Union will all dies vorrangig im Rahmen des EU-Rechtssystems erreichen – während die AfD dieses System als gescheitert ansieht und Asylfragen national regeln will. Den sogenannten subsidiären Schutz wollen Union wie AfD abschaffen. Wichtig ist dies deshalb, weil subsidiär Schutzberechtigte, also Personen, die nicht als Flüchtlinge im engeren Sinne gelten, den Großteil der Geflüchteten stellen. Sie argumentieren, in ihrer Heimat drohe ihnen „ernsthafter Schaden“, etwa durch Folter. Die Fachkräftezuwanderung befürworten Union wie AfD.
Übereinstimmung: hoch
Innenpolitik
Sowohl Union als auch AfD setzen auf eine harte Law-and-Order-Politik und verknüpfen innere Sicherheit stark mit der gestiegenen Zuwanderung. Zum neuen Unionskurs zählen auch Grenzkontrollen. Diese hält die AfD ebenfalls für zentral. Die Union will die doppelte Staatsbürgerschaft einschränken, die AfD will sie grundsätzlich abschaffen. Union und AfD möchten den Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft erschweren, die AfD geht hier aber deutlich weiter: So will sie den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft bei Geburt im Inland für Kinder ausländischer Eltern abschaffen. Das Alter der Strafmündigkeit will die AfD von 14 auf 12 Jahre senken, die Union ist dafür offen. Bei der Drogenpolitik plädieren beide für eine strenge Linie, die Cannabisfreigabe wird abgelehnt. Die Rolle von Nichtregierungsorganisationen (NGO) sowie deren Finanzierung mit Steuermitteln sehen AfD und Union kritisch. Als größte innenpolitische Gefahr sieht die Union den Rechtsextremismus, die AfD den Linksextremismus; sie verlangt deshalb ein Verbot von Antifa-Organisationen.
Übereinstimmung: hoch
Soziales
Beim Thema Bürgergeld gibt es große Überschneidungen: Sowohl Union als auch AfD würden Empfänger, die sich einer Arbeit verweigern, gern noch härter behandeln, als es der schwarz-rote Kompromiss vorsieht. Die AfD will Bürgergeld nur Deutschen zahlen – und Ausländern, die mindestens zehn Jahre hier gelebt und gearbeitet haben. AfD und Union bekennen sich aber prinzipiell zu einer Sozialhilfe für Menschen, die nicht arbeiten können, etwa wegen Krankheit.
Deutliche Differenzen treten bei der Rente zutage: Die AfD will das Rentenniveau erhöhen – langfristig auf bis zu 70 Prozent. Sie ist strikt gegen einen späteren Renteneintritt, wie ihn Teile der Union wollen. Dissens herrscht auch beim Arbeitslosengeld: Die AfD will dieses erst ab drei Beitragsjahren zahlen – und für viele Beschäftigte den Auszahlungszeitraum beschneiden. Die Union würde dagegen jenen, die lange eingezahlt haben, mehr Geld geben. Und während sich CDU/CSU zum sozialen Wohnungsbau bekennen, will die AfD ihn abschaffen und durch ein Wohngeld für Bedürftige ersetzen. Zum Mindestlohn herrscht Konsens.
Übereinstimmung: mittel
Wirtschaft/Verkehr
Union wie AfD setzen stark auf eine autofreundliche Politik. Beide lehnen das für 2035 geplante Verbrenner-Aus ab. Der Ausbau des ÖPNV hat keine hohe Priorität. Das Schienennetz wollen aber Union wie AfD ausbauen, zudem setzen sie auf eine Erhöhung der Pendlerpauschale. Wirtschafts- und fiskalpolitisch gibt es erhebliche Übereinstimmungen: Union und AfD wollen massive Steuersenkungen, vor allem für den Mittelstand und Gutverdiener. Der Soli soll fallen. Strikte Haushaltsdisziplin ist ihnen wichtig.
Übereinstimmung: hoch
Gesellschaftspolitik
Für die AfD besteht Familie aus „Vater, Mutter und Kindern“. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften werden in den Programmen nicht explizit erwähnt, AfD-Politikerinnen und -Politiker verweisen darauf, dass man alle Partnerschaften anerkenne, jedoch soll nur die klassische Familie unter besonderen Schutz gestellt werden. Die Union hat mit der Ehe für alle lange gefremdelt, erkennt sie inzwischen aber an. Den Abtreibungsparagrafen 218 wollen Union und AfD erhalten, eine Legalisierung der Abtreibung wird abgelehnt. Während die AfD darauf besteht, dass es zwei Geschlechter gibt, und das Selbstbestimmungsgesetz ablehnt, verlangt die Union lediglich Korrekturen an dem Gesetz. Die AfD lehnt ebenso wie die Union die Gendersprache ab.
Übereinstimmung: mittel
Energie/Umwelt
AfD und CDU/CSU sind Befürworter der Atomenergie. Die Union würde den Ausstieg aus den fossilen Energien gern nach hinten verschieben und setzt stark auf Gaskraftwerke, bekennt sich aber prinzipiell zum Ausbau erneuerbarer Energien. Die AfD will den Kohleausstieg rückgängig machen, der Union geht das zu weit. Anders als die Union bestreitet der Großteil der AfD, dass der Klimawandel hauptsächlich auf den Einfluss des Menschen zurückgeht.
Übereinstimmung: mittel
Verteidigung/Außenpolitik
Die Union steht für eine konsequente Westbindung und die Nato-Mitgliedschaft. Auch soll die Ukraine weiterhin mit Waffen unterstützt werden – Letzteres lehnt die AfD ab. AfD-Chef Tino Chrupalla stellt zudem die Nato-Mitgliedschaft infrage, die Vereinten Nationen sieht seine Partei anders als die Union kritisch. Offiziell ist die AfD ebenso wie CDU/CSU für eine Wehrpflicht, zuletzt wuchs bei den eher Moskau-freundlichen AfDlern jedoch der Widerstand.
Übereinstimmung: gering
EU
Die Union steht zur Europäischen Union und zum Euro. Die AfD will den Euro abschaffen, zu nationalen Währungen zurückkehren und aus der EU eine „Wirtschafts- und Interessengemeinschaft souveräner Staaten“ mit freiem Binnenmarkt machen.
Übereinstimmung: keine
(T. Lill, W. Taschner)
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