Politik

DGB-Bayern-Vorsitzender Matthias Jena (4.v.l.) und Simone Burger, DGB-Regionsgeschäftsführerin München (l.) mit Helfern am Münchner Hauptbahnhof. (Foto: DGB Bayern)

12.01.2015

Neuer Streit um Mindestlohn

CSU-Chef Horst Seehofer fordert deutliche Nachbesserungen. DGB und SPD warnen

50 000 Broschüren waren binnen Stunden vergriffen. Zum Thema Mindestlohn hatte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) heute Morgen eine Pendleraktion gestartet.  Allein in Bayern haben die Gewerkschafter an 40 Bahnhöfen und Busbahnhöfen binnen weniger Stunden rund 50.000 Mindestlohn-Broschüren an Pendler verteilt. Mehrere Aktionen wurden vorzeitig beendet, weil das Infomaterial vergriffen war. Matthias Jena, Vorsitzender des DGB Bayern, sagt dazu: „Die große Nachfrage belegt, dass der Mindestlohn auch in Bayern sehr vielen Menschen hilft. Viele Beschäftigte wollen sich wappnen, um etwaige Veränderungen auf ihrer Januar-Lohnabrechnung bewerten zu können.“

Jena: Ohne Dokumentation würde das Gesetz zur Farce

Damit der Mindestlohn auch wirken kann, müsse seine Einhaltung kontrolliert werden, betont Jena. „Die Dokumentationsvorschriften für Arbeitgeber sind vom Gesetzgeber bereits sehr maßvoll und zielgenau festgelegt worden", sagt er. "Besondere Aufzeichnungspflichten gelten nur für neun Branchen, die bisher durch ein besonders ausgeprägtes Lohndumping aufgefallen sind. In diesen Branchen ist die Dokumentation unverzichtbar, um die Beschäftigten vor Verstößen gegen das Mindestlohngesetz zu schützen."
CSU-Chef Horst Seehofer hatte deutliche Nachbesserungen gefordert. Der bürokratische Aufwand bei der Umsetzung des Gesetzes müsse zurückgedrängt werden, sagte er der Welt am Sonntag. "Wir müssen das Mindestlohngesetz entschlacken", sagte er. Er sei zwar ein Anhänger des Mindestlohns. "Aber was da im Gesetz als Begleitwerk gebracht wurde, ist kolossal. Die Aufzeichnungspflichten und Kontrollmöglichkeiten treffen vor allem die kleineren Betriebe."
Jena verteidigt die Dokumentationsvorschriften. Andernfalls werde das Gesetz zur Farce. "Arbeitgeber wissen von jedem verschickten Päckchen zu jeder Zeit genau, wo es sich gerade befindet, kennen den Platz jeder Schraube im Ersatzteillager. Da ist es ja wohl nicht zu viel verlangt, auch zu wissen, von wann bis wann und wie lange ihre Beschäftigten gearbeitet haben." Er fordert den CSU-Vorsitzenden zur Vertragstreue auf: "Ich erinnere den Ministerpräsidenten an den Lieblingsspruch eines seiner Vorgänger, Franz Josef Strauß: Pacta sunt servanda - Verträge sind einzuhalten."
Auch die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Angelika Weikert kritisiert die Ankündigung des bayerischen Ministerpräsidenten, die Durchsetzung des Mindestlohns höchstens lax kontrollieren zu wollen, scharf. "Der SPD im Bund ist es nach langem Tauziehen endlich gelungen, den gesetzlichen Mindestlohn durchzusetzen. Dass Seehofer dieses Gesetz, das für Millionen bayerischer Arbeitnehmer Verbesserungen erzielen würde, jetzt torpedieren will, ist unfassbar. Das ist vergleichbar mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung, bei der der Staat bereits im Vorfeld signalisiert, dass er schon nicht blitzen wird!"

Aiwanger: "bürokratischer Super-GAU"

Unterstützung in der Sache bekommt Seehofer dagegen von Hubert Aiwanger, dem Vorsitzenden der Freien Wähler. "Das Mindestlohngesetz in seiner jetzigen Ausführung ist ein bürokratischer Super-GAU für die Wirtschaft", sagt  Aiwanger und sprach von "Sozialismus pur". Es sei allerdings "völlig unverständlich, dass Seehofer diesem Gesetz zugestimmt hat, welches er jetzt kritisiert."
Mit dem neuen gesetzlichen Mindestlohn, der seit dem 1. Januar gilt, sind alle Betriebe verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter aufzuzeichnen, die als Minijobber bei ihnen tätig sind. Das gilt nach Angaben der Zeitung für 6,8 Millionen Minijobber im gewerblichen Bereich, davon ausgenommen sind nur Minijobber in Privathaushalten. Für neun Branchen, die unter das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz fallen, gelten noch härtere Vorschriften: Sie müssen Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit für alle Arbeitnehmer aufzeichnen und die Unterlagen mindestens zwei Jahre aufbewahren. Arbeitgebern, die fahrlässig oder vorsätzlich gegen diese Pflichten verstoßen, drohen Bußgelder bis zu 30 000 Euro. (BSZ/dpa) Bis zum 31. März 2015 beantwortet die DGB-Mindestlohnhotline (0391/4088003, normaler Festnetztarif) Fragen zum Mindestlohn

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