Politik

Unterricht mit Tablet? In Bayern noch die Ausnahme. Im Schnitt gibt es an jeder Schule im Freistaat nur 2,6 Geräte. (Foto: Britta Pedersen/dpa)

14.12.2018

Schneckentempo im Klassenzimmer

Mit digitalen Medien lernen Schüler besser und motivierter – aber nur, wenn ergänzend analoge Methoden zum Einsatz kommen

Wenn in der Grundschule Offenstetten im niederbayerischen Abensberg die erste Stunde beginnt, holen die Schüler neben den Heften ihre Tablets aus dem Schulranzen. Die Kinder nutzen diese ganz selbstverständlich als Arbeitsmittel für ihren täglichen Unterricht. Auch das Schleppen von Schulbüchern hat sich erledigt, da sich diese auf dem Gerät befinden. Wenn es sich anbietet und sinnvoll ist, werden Themen des Lehrplans auch digital gestützt erarbeitet. Schritt für Schritt wird eingeübt, wie die Kinder selbstständig und sicher mit digitalen Geräten allein oder im Team arbeiten können. Bei vielen Übungen bekommen die Kinder sofortige Rückmeldung, ob sie den Stoff verstanden haben. Immer wieder arbeiten die Schüler dabei kreativ und erstellen digitale Lernprodukte. Sieht so moderner Unterricht in Bayern aus? Bisher nicht. Die Schule Offenstetten ist lediglich eine von acht Modellschulen.

Dabei zeigt eine neue Untersuchung der TU München, dass Schüler besser und motivierter sind, wenn im Unterricht digitale Medien eingesetzt werden. Voraussetzungen: Die Kinder sollten auch analoge Methoden verwenden, in Paaren zusammenarbeiten und von speziell geschulten Lehrkräften begleitet werden. Vielen Lehrkräften fehlen medienbezogene Lehrkompetenzen. An der LMU München etwa nutzt nur jeder vierte Lehramtsstudent die Möglichkeit, den Unterricht im digitalen Klassenzimmer zu trainieren. Auch das Erweiterungsfach Medienpädagogik ist bisher nur spärlich besucht. Grund: Viele Studenten sind stoffmäßig schlicht am Limit. „Wenn man die Digitalisierung in der Lehrerausbildung stärken will, muss man die Studienpläne entrümpeln“, sagt der LMU-Pädagogikprofessor Frank Fischer.

Ein weiteres Problem ist die Technik. Zwar verfügen die meisten Klassenzimmer über Beamer und Dokumentenkameras, aber Tablets oder interaktive Tische sind Mangelware. Bayern sollte durch den Digitalpakt 777 Millionen Euro vom Bund bekommen, hat die Vereinbarung aber, ebenso wie andere Länder, aus Sorge vor zu starken Einflussmöglichkeiten aus Berlin abgelehnt. Dabei gibt es im Freistaat im Schnitt nicht einmal drei Tablets pro Schule. Und bei drei von vier Schulen liegt die Internetverbindung bei höchstens 16 Mbit/s – Schneckentempo im Klassenzimmer.

Das Kultusministerium verspricht auch ohne Digitalpakt Abhilfe. Obwohl für die technische Ausstattung der Schulen die Kommunen verantwortlich seien, würden sie in diesem Jahr auf freiwilliger Basis mit 213 Millionen Euro unterstützt. Für die digitale Bildung stünden 200 zusätzliche Lehrerstellen zur Verfügung, auch würden neue Konzepte für den digitalen Unterricht erarbeitet. Und eine neue Fortbildungsoffensive soll Lehrer fit im Umgang mit dem digitalen Klassenzimmer machen.

Dem Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) geht das nicht schnell genug. Er fordert beim Digitalpakt endlich verlässliche Aussagen sowie mehr hochwertige Bildungsangebote – und ausreichend Zeit für Lehrkräfte, sie zu nutzen. „Sich mal eben schnell nebenbei Kompetenzen aneignen“, mahnt BLLV-Chefin Simone Fleischmann, „das geht im herausfordernden Schulalltag nicht.“ (David Lohmann)

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