Politik

13.06.2019

Sollen Apotheken Impfungen vornehmen können?

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will Impfungen in Apotheken ermöglichen. Bei der Bayerischen Ärztekammer stößt das auf Widerstand. Deren Präsident Gerald Quitterer betont: Impfen sei eine ärztliche Aufgabe

JA

Jens Spahn (CDU), Bundesgesundheitsminister:

Impfungen gegen schwere ansteckende Krankheiten gehören zu den größten Errungenschaften der Medizin. Sie schützen uns vor akuten Erkrankungen, Komplikationen oder Spätfolgen. Deshalb ist es mein Ziel als Bundesgesundheitsminister, beim Impfschutz Fortschritte zu erreichen. Die saisonale Grippe ist eine gefährliche, für manche Menschen lebensbedrohende Krankheit. In der Grippesaison 2016/17 verstarben etwa 22 900 Menschen an der Grippe.

Mit einer jährlichen Impfung können wir eine Ansteckung nicht ganz ausschließen, aber den Schutz erheblich verbessern. Die Grippeimpfung für Senioren, für Schwangere und durch andere Erkrankungen besonders gefährdete Menschen wird von den Krankenkassen erstattet. Und trotzdem lassen sich nur etwa 30 Prozent der über 60-jährigen Menschen impfen. Bei schwangeren Frauen sind die Zahlen noch niedriger.
Wir möchten einen neuen Weg gehen, damit sich mehr Menschen für diese wichtige Schutzimpfung entscheiden. Ich bin zuversichtlich, dass ein neues, niedrigschwelliges Angebot zu einer besseren Impfquote führt. Deshalb wollen wir in einzelnen Regionen Deutschlands Apothekerinnen und Apotheker gewinnen, die sich an Modellvorhaben beteiligen. Für die Apotheken ist die Teilnahme freiwillig und für deren Kunden ein zusätzliches Angebot, sich fachkundig impfen zu lassen. Natürlich geht es nicht um den schnellen Piks in den Arm, wie die Ärzteschaft befürchtet.

Im Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken haben wir vorgesehen, dass Apothekerinnen und Apotheker von impferfahrenen Ärztinnen oder Ärzten geschult werden und die Impfung in einem dafür ausgestatteten Raum in ihrer Apotheke vornehmen. Näheres, zum Beispiel zur Dokumentation und zur Vergütung, wird vertraglich geregelt.

Zum Charakter eines Modellvorhabens gehört, dass es zeitlich begrenzt ist und wissenschaftlich ausgewertet wird. Wir planen eine Laufzeit von fünf Jahren. Dann werden wir wissen, ob dieser Weg erfolgreich ist und fortgesetzt werden soll.

NEIN

Gerald Quitterer, Präsident der Bayerischen Landesärztekammer:

Apotheker sollen nach dem Willen des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) die Bevölkerung künftig gegen Influenza impfen dürfen. Wir Ärztinnen und Ärzte sind uns einig, dass Impfungen zu den wirksamsten präventiven Maßnahmen gegen Infektionskrankheiten zählen und dass wir die sogenannte Herdenimmunität durch Impfprogramme noch weiter verstärken müssen.

Impfen ist nicht einfach nur ein banaler Stich in den Arm. Dazu gehören Impfanamnese, orientierende körperliche Untersuchung, Feststellung von Kontraindikationen. Vor allem aber muss bei Zwischenfällen, wie einer anaphylaktischen Reaktion, eine Intervention sichergestellt sein. Aus gutem Grund ist das Impfen nach den geltenden Gesetzen eine ärztliche Aufgabe und nur in deren Weiterbildungsordnung verankert. In Crash-Kursen lassen sich diese Kenntnisse nicht vermitteln. Daneben ist es auch ärztliche Verantwortung, in Falle von auftretenden Impfreaktionen die erforderliche Behandlung zu gewährleisten. Dies kann nicht auf Apotheker übertragen werden.

Krankenkassen und Apotheker haben die wichtige Aufgabe, die voraussichtlich benötigte Grippe-Impfstoffmenge vorzuhalten – jedem seine Aufgabe. Während der vergangenen Grippeimpfsaison wurde deutlich, dass die Bereitschaft der Patientinnen und Patienten, sich gegen die Virusgrippe impfen zu lassen, sehr hoch war und keineswegs durch den Gang in die Arztpraxis gestoppt wurde. Verzögerungen bei Grippeschutzimpfungen sind auch nicht auf Wartezeiten in Praxen zurückzuführen, sondern vielmehr auf regionale Versorgungsengpässe bei Grippeimpfstoffen. Logistische Probleme löst man durch eine Impfung in der Apotheke nicht.

Erst kürzlich erklärte auch der 122. Deutsche Ärztetag in Münster die vom Gesetzgeber geplante Regelung, Grippeschutzimpfungen in Apotheken zu ermöglichen, als einen falschen Weg. Denn Apotheker verfügten nicht über die hierfür notwendigen Kompetenzen.

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