Politik

Müssen Beschäftigte in der Verwaltung verbeamtet werden? Der Bund der Steuerzahler sieht das nicht so. Er fordert eine Beschränkung des Beamtentums auf hoheitliche Bereiche wie Polizei, Zoll oder Justiz. (Foto: dpa/Shotshop/ArtmannWitte)

22.08.2025

Hohe Pensionslasten und PKV-Debatte: Staatsdiener unter Druck

Die Forderungen nach einer Beschränkung des Beamtentums und dessen Privilegien wie Beihilfe und Pension werden lauter – wie sinnvoll wäre das?

Der Neid auf Deutschlands Beamtinnen und Beamte ist groß – vor allem wegen deren großzügiger Altersversorgung. Könnten sie nicht zumindest in die Rentenkasse einzahlen, wie es jetzt die Bundesarbeitsministerin forderte? Ein anderer Vorschlag wäre leichter umzusetzen.

Angesichts knapper Kassen und einem Rentensystem, dem wegen der Alterung der Gesellschaft zunehmend die Beitragszahler verloren gehen, klingt der Vorschlag von Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) verlockend: Auch Beamtinnen und Beamte sollen in die Rentenkasse einzahlen. Mit einem Schlag hätte man weit mehr als eine Million zusätzliche Beitragszahlerinnen und -zahler. Zudem ließen sich so die immer höheren Ausgaben für die Pensionen begrenzen. Denn die Beamtenpensionen finanziert komplett der Staat. Anders als beim Rentensystem, das auch davon lebt, dass die Beschäftigten und die Arbeitgeber in die Rentenkasse einzahlen.

38 Milliarden Euro für Gehälter und Pensionen

Wer verbeamtet ist, genießt einige Privilegien: Sozialabgaben müssen keine gezahlt werden. Die Beamtinnen und Beamten sind nahezu unkündbar und erhalten mehrere finanzielle Zuschläge sowie eine staatliche Beihilfe für die Gesundheitsversorgung von bis zu 70 Prozent der Kosten. Und im Alter gibt es ein weiteres Bonbon: die Beamtenpension, die im Schnitt viel höher ist als die Angestelltenrente.

Gut ein Drittel der 5,3 Millionen in Deutschlands öffentlichem Dienst Beschäftigten sind verbeamtet, so auch in Bayern: Die mehr als 265.000 Beamtinnen und Beamten arbeiten etwa in Landratsämtern, Schulen, bei der Polizei oder in Ministerien. Und ihre Gehälter plus Altersversorgung kostet den Staat jedes Jahr viele Milliarden Euro.

Allein im Freistaat sind es um die 7 Milliarden Euro an Versorgungsausgaben, also Pensionen. Addiert man die inzwischen auf 31,1 Milliarden Euro angestiegenen Personalkosten für die aktiven Angestellten und Beamten hinzu, kommt man auf über 38 Milliarden Euro. Das ist mehr als die Hälfte des Gesamthaushalts von 76 Milliarden Euro. Tendenz steigend.

Wie lang können die Pensionen noch aus dem laufenden Haushalt finanziert werden? Seit 1999 gibt es einen Pensionsfonds, der bei Bedarf angezapft werden könnte, doch die aktuell knapp 4,6 Milliarden Euro würden im Notfall nicht mal ein Jahr lang reichen.

Weiter steigende Ausgaben für die Pensionen

Auch der jüngst veröffentlichte Versorgungsbericht des Bundesinnenministeriums kündigt weiter steigende Ausgaben für die Pensionen an – allein bei den Bundesbeamten von jetzt knapp 8 Milliarden Euro auf 25,4 Milliarden Euro im Jahr 2060.

Doch auch der Wechsel aller Staatsdiener ins Rentensystem wäre für den Staat mit Kosten verbunden. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) beziffert die Kosten dafür auf mindestens 10 Milliarden Euro pro Jahr. Denn zumindest müssten sich der Staat als Arbeitgeber und die Beschäftigten den Rentenbeitrag paritätisch teilen. Da es rechtlich schwierig sein dürfte, einfach in bestehende Beamtenverhältnisse einzugreifen, müsste der Staat aber wohl eher den gesamten Beitrag übernehmen. Dann wäre wenig gewonnen. Das IW rechnet für dieses Szenario mit Kosten von knapp 20 Milliarden Euro im Jahr. Ohnehin müsste für die Abschaffung der Pension das Grundgesetz geändert werden.

Auf hoheitliche Aufgaben beschränken

Es gäbe aber eine andere Möglichkeit, denselben Effekt zu erreichen: Man könnte einfach die Bereiche, in denen neue Beamte eingestellt werden, beschränken, etwa auf hoheitliche Aufgaben wie Polizei, Zoll, Justiz und Finanzwesen. So hatten es zuletzt auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann und der Bund der Steuerzahler gefordert. Lehrkräfte, Feuerwehrleute oder Verwaltungsfachleute würden demzufolge nach dem öffentlichen Tarif bezahlt.

Geht man nur nach den Kosten, könnte das einiges bringen. In der Entgeltgruppe 9, der Sacharbeiterebene, würden Angestellte nach BSZ-Berechnungen jährlich rund 20.000 Euro weniger kosten – den Ruhestand mit eingerechnet. Bei der Entgeltgruppe 13, ab 2028 der Einstieg für alle bayerischen Lehrkräfte, wären es schon fast 40.000 Euro.

Die Folgen dieser Beschneidung wären allerdings nicht absehbar. Beamte dürfen – anders als Angestellte im öffentlichen Dienst – nicht streiken. Bestreikte Schulen könnten aber schnell das ganze Land lahmlegen. Und noch gewichtiger: Schon jetzt fehlt es an Schulen und auch in sonst vielen Bereichen im öffentlichen Dienst an Personal. Würden weitgehend nur noch Angestelltenverträge gegeben, würde der öffentliche Dienst auch an Attraktivität verlieren.

Die Wirtschaft ist wesentlich lukrativer

Schon jetzt ist es für IT-, Pharma oder Technikfachkräfte weitaus lukrativer, in der freien Wirtschaft zu arbeiten. Der Wegfall von Beamtenprivilegien würde das noch verstärken. In niedrigeren Besoldungsgruppen kann man beim Staat aktuell indes mehr verdienen – aber nur mit Beamtenstatus. Das sollte bedenken, wer die Hand an den Beamtenapparat legen will.

Vielleicht lohnt aber ein Blick in den Norden: Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland gelten als Vorbilder für einen attraktiven und gleichzeitig kosteneffizienten öffentlichen Dienst. Etwa 30 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten in diesen Ländern im öffentlichen Dienst, in Deutschland beträgt die Quote nur rund 11,5 Prozent. In den skandinavischen Ländern gibt es keine Beamten, trotzdem ist Arbeiten beim Staat attraktiv. Die dort gezahlten Gehälter können mit denen der freien Wirtschaft konkurrieren. Entsprechend arbeitet dort auch Spitzenpersonal. Fachleute machen das vor allem an der starken Rolle der Gewerkschaften fest. Je nach Land sind 80 bis 90 Prozent der öffentlich Beschäftigten dort Mitglieder. (Thorsten Stark)

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