Politik

Kommt die dritte Startbahn am Flughafen München nun doch? Die Gegner sind vor dem Bundesverwaltungsgericht gescheitert. (Foto: dpa)

15.07.2015

Startbahn steht nichts mehr im Wege

Bundesverwaltungsgericht bestätigt Genehmigung für dritte Startbahn am Münchner Flughafen. Naturschützer und Opposition fordern Verzicht auf den Bau der milliardenschweren Piste

Dem Bau der dritten Startbahn am Münchner Flughafen steht aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nichts im Wege. Das höchste deutsche Gericht in Verwaltungsstreitsachen wies heute die Nichtzulassungsbeschwerde des Bundes Naturschutz in Bayern (BN) und mehrerer Privatkläger ab. Damit hat das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (VGH) vom Februar 2014 Bestand. Der VGH hatte damals grünes Licht für den Bau der milliardenteuren Piste gegeben und keine Revision zugelassen.
Der BN erwägt allerdings, die Planung vor dem Europäischen Gerichtshof überprüfen zu lassen. Die Privatkläger rufen womöglich das Bundesverfassungsgericht an. "Wir können diese Entscheidung nicht nachvollziehen", sagte Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BN in einer ersten Reaktion. „Es ist für uns völlig unverständlich, dass auch das Bundesverwaltungsgerichtoffensichtlich keine intensivere Prüfung des Bedarfs für die 3. Bahn für nötig hält und die immensen Eingriffe in europäische Schutzgebiete und Grundeigentum für rechtlich korrekt hält.“ so Weiger.

Bund Naturschutz: Nicht alles, was rechtlich korrekt ist, ist sinnvoll

Der BN betonte, dass auch das Bundesverwaltungsgericht den Bedarf als solches nicht geprüft hat, sondern nur, ob die – nach Ansicht des BN unzureichende – Prüfung des Bedarfes durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof rechtlich korrekt war. „Klar ist auch: Nicht alles, was rechtlich korrekt sein mag, ist sinnvoll und nötig". Richard Mergner, Landesbeauftragte des BN fordert: „Wir brauchen nun eine endgültige politische Entscheidung, in der die CSU klar bekennen muss, was ihr wichtiger ist: Bürgernähe, Klimaschutz, verantwortlicher Umgang mit knappen Ressourcen und Erhalt der Heimat oder die Interessen der Lufthansa.“ Das Projekt liegt seit Längerem politisch auf Eis, da sich die Stadt München als einer der drei Flughafengesellschafter an einen ablehnenden Bürgerentscheid vom Juni 2012 zum Bau der Startbahn gebunden fühlt.

Innenminister Herrmann: "Die Staatsregierung hat einen klaren Fahrplan"

Nichtsdestotrotz begrüßte Bayerns Innen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts: Das sei eine große Chance für die weitere erfolgreiche Entwicklung Bayerns, sagte er. „Ab heute ist klar: Wir haben Baurecht für eine 3. Startbahn am Flughafen München. Es liegt nun an den Gesellschaftern des Flughafens, verantwortungsvoll mit dieser großen Chance für die weitere erfolgreiche Entwicklung Bayerns umzugehen.“ Herrmann weiter: „Deutschland und Bayern brauchen diese zusätzlichen Kapazitäten. Sonst werden wir mittelfristig von wichtigen Verkehrsströmen abgeschnitten." Die Staatsregierung habe einen klaren Fahrplan. Man wolle zunächst in den Dialog mit den Gesellschaftern, insbesondere mit der Landeshauptstadt München, den Interessenvertretern, den Betroffenen vor Ort und mit dem Landtag treten. "Wir werden Bedenken und Anregungen gründlich analysieren und genauso ernst nehmen wie das Votum der Münchener Bürgerinnen und Bürger aus dem Bürgerentscheid von 2012. Und dann muss über die Bauoption entschieden werden.“ Die Landtags-Opposition zeigte sich indes enttäuscht über das Urteil: "Es ist bedauerlich, dass Privatkläger und Bund Naturschutz keine Gelegenheit erhielten, ihre stichhaltigen Argumente gegen die dritte Startbahn vor der höchsten Instanz vorzubringen", sagte der Freie Wähler Benno Zierer. „Jetzt muss eine endgültige politische Entscheidung getroffen werden – auf Grundlage der aktuellen Entwicklung am Münchner Flughafen und nicht auf Basis überholter Prognosen aus dem Planfeststellungsverfahren. Dann kann es nur eine Entscheidung geben: den Verzicht auf dieses unnötige Projekt“, steht für den Abgeordneten aus der Flughafenregion fest.

Grüne: "Seinen klaren Fahrplan kann sich Herrmann abschminken"

Der Grüne Christian Magerl ist überzeugt: „Auch nach diesem Gerichtsentscheid werden keine Baumaschinen im Erdinger Moos anrücken." Seit dem Jahr 2008 befinde sich der Flughafen München in einem beispiellosen Sinkflug, was die Zahl der Flugbewegungen angeht. "Egal, wie laut FMG-Chef Kerkloh und Konsorten die Werbetrommel rühren: Es gibt objektiv keinen Bedarf für eine dritte Start- und Landebahn und es gibt nach wie vor die eindeutige Entscheidung der Münchnerinnen und Münchner gegen einen Flughafenausbau." Gerade weil die führenden politischen Kräfte in der Stadt unmissverständlich erklärt hätten, dass sie sich an den Bürgerentscheid gebunden fühlen, sei die Urteils-Kommentierung des bayerischen CSU-Innenministers Herrmann nur schwer erträglich. "Hier spielt sich ein Staatsminister als zügelloser Flughafen-Lobbyist auf, statt sich an den Wünschen der Bürgerinnen und Bürger zu orientieren." Magerl betonte: "Seinen angeblich klaren Fahrplan kann sich Herrmann jetzt schon abschminken – ohne echten Bedarf und gegen die Menschen im Erdinger Moos wird es keine dritte Startbahn geben!"  Der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion Markus Rinderspacher bleibt ebenfalls auch nach der Gerichtsentscheidung bei seinem klaren Nein zur dritten Startbahn, da der Bürgerentscheid von 2012 gelte. "Anders als bei der CSU gibt es bei uns kein Wanken. Darauf dürfen sich die Flughafenanwohner und auch das Aktionsbündnis aufgeMUCkt verlassen. Wir als SPD respektieren den Bürgerwillen."  (aka)

Kommentare (2)

  1. Bernd am 16.07.2015
    """"Startbahn steht nichts mehr im Wege"""

    Doch die nicht vorhandenen und versprochenen Straßen,
    nun gut wenn der Flugreisende lieber im Stau stecken
    bleibt mir soll es recht sein!
  2. BI Attaching am 15.07.2015
    Attaching wird geteilt: Bundesverwaltungsgericht in Leipzig lässt Revision zur dritten Startbahn am Flughafen München nicht zu, Gang nach Karlsruhe bereits geplant! Mit der Ablehnung der Revision zur 3. Start-und Landebahn am Flughafen München wird das bayerische Dorf Attaching und damit die Heimat von knapp 1000 bayerischen Bürgern zerstört. Es ist nicht verständlich, wie eine solch menschenverachtende Planfeststellung vor dem Bundesverwaltungsgericht Bestand haben kann. Keine Infrastrukturmaßnahme hat bisher solche Belastungen für die betroffene Bevölkerung geschaffen, wie sie mit der 3. Start- und Landebahn für Attaching entstehen würden. Selbst in den 70er Jahren beim Bau des Flughafens wurde die Bevölkerung besser geschützt (62 db(A)-Linie, Mindestüberflughöhe von 300 m). Aufgrund der Grundrechtsverletzungen (Recht auf Eigentum und Gesundheit) wird eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe geprüft. Erst danach ist der Rechtsweg abgeschlossen. Wir gehen davon aus, dass die Politik Wort hält und erst am Ende aller Rechtsmöglichkeiten über den Bau der 3. Startbahn entscheidet. Für den sehr unwahrscheinlichen Fall, dass trotz der fehlenden Akzeptanz in der Bevölkerung (Münchner Bürgerentscheid vom Sommer 2012) die 3. Startbahn gebaut werden sollte, fordern wir einen 3-Punkte-Plan für Attaching: 1. Keine Teilung von Attaching Gesamtabsiedlung aller Attachingerinnen und Attachinger 2. Erhalt der Dorfgemeinschaft Schaffung einer neuen Ansiedlungsmöglichkeit in Freising für alle Bürgerinnen und Bürger von Attaching. 3. Neuer sozialer und kultureller Mittelpunkt für gleichwertige Lebensqualität Innerörtliche Einkaufs-, Vereins-, Sport- und Freizeitmöglichkeiten (Kindergarten, Mehrzweckhalle, Sportanlage, Spielplatz, Feuerwehrhaus, etc.) müssen vorhanden sein. Gäbe es eine 3. Startbahn bereits, dürfte Attaching, aufgrund der schwerwiegenden Belastungen aus Lärm, Wirbelschleppen und Schadstoffen bei den geltenden gesetzlichen Vorschriften, an dieser Stelle nicht errichtet werden. Durch Attaching, das direkt am Ende der 3. Startbahn liegt, wird eine ca. 420 m breite Schneise geschlagen. Teil davon ist das Sportgelände des BC Attaching, ein sozialer Mittelpunkt. Nördlich und südlich davon können die Menschen unerträglichem Fluglärm, krebserregenden Abgasen und gefährlichen Wirbelschleppen nicht entkommen. Durch die Teilung von Attaching werden Familien auseinandergerissen, das soziale Netzwerk sowie die Sport- und Freizeitmöglichkeiten der Bürger zerstört, das dörfliche Gefüge aufgelöst. Der Hälfte der Bürger Attachings - außerhalb des Entschädigungsgebietes - werden täglich 400 Landungen in 75 bis 100 m Höhe oder 78 Starts ab ca. 200 m Höhe mit all Ihren Belastungen (Lärm, Abgase, Wirbelschleppen) zugemutet. Die Dorfgemeinschaft wird gemeinsam weiter für Ihre Zukunft kämpfen. Menschen sind wichtiger als Flugzeuge!
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