Politik

Markus Söder und Winfried Kretschmann nach ihrer gemeinsamen Kabinettssitzung. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

23.07.2019

"Südschiene": Gemeinsam stärker?

Bayern und Baden-Württemberg sehen sich als die wirtschaftlichen Lokomotiven Deutschlands. Zuletzt ärgerten sie sich aber gleichermaßen über den Bund - und rücken selbst enger zusammen. Und fordern 200 Millionen für Batterieforschung

Baden-Württemberg und Bayern wollen in vielen Bereichen stärker mit einer Stimme sprechen und so gemeinsame strategische Interessen gegenüber dem Bund durchsetzen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte nach einer gemeinsamen Kabinettssitzung am Dienstag in Meersburg, es sei im Interesse der gesamten Republik, wenn die Südschiene gestärkt werden und Deutschland damit im globalen Wettbewerb besser dastehe.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bezeichnete die beiden südlichen Bundesländer als das "Leistungs-Herz" Deutschlands. "Innovativ und ökologisch, naturbewusst und fortschrittsorientiert - das ist so die Grundphilosophie, um die es geht und die für uns in beiden Ländern eine große Rolle spielt." Die grün-schwarze Regierung von Baden-Württemberg und Söders Regierung aus CSU und Freien Wählern vereinbarten folgende Punkte:

FÖDERALISMUS:
Bayern und Baden-Württemberg wollen zusammen für eine Stärkung der Bundesländer gegenüber dem Bund kämpfen. Konkret fordern sie etwa eine Rückverlagerung von Kompetenzen an die Bundesländer, wenn sich die Folgen eher regional und in engerem Umkreis auswirken. Zudem solle es mehr eigene Steuermittel für die Länder geben - und ein Miteinander zwischen Bundestag und Bundesrat auf Augenhöhe.

BATTERIEFORSCHUNG:
Nach dem Votum der Bundesregierung für das nordrhein-westfälische Münster als Standort für ein neues Batterieforschungszentrum wollen Bayern und Baden-Württemberg ein Forschungsnetzwerk mit Standorten unter anderem in Ulm, Augsburg, Nördlingen und Karlsruhe aufbauen. Die beiden Länder fordern dafür jeweils 100 Millionen Euro vom Bund und wollen dazu auch eigenes Geld in die Hand nehmen - in welcher Höhe, ist noch unklar.

GESUNDHEIT:
Beide Länder lehnen Zentralisierung im Gesundheitswesen ab. Sie sprechen sich etwa gegen Pläne des Bundes aus, bislang regional tätige Krankenkassen bundesweit für Mitglieder zu öffnen.

VERKEHR:
Gemeinsam vorangetrieben werden soll der Ausbau von Ladesäulen für Elektrofahrzeuge. Die beiden Länder wollen einen Gesetzentwurf zur Förderung der Elektromobilität in den Bundesrat einbringen und darauf pochen, dass der Ausbau von Ladesäulen für Privatautos an Mehrfamilienhäusern einfacher wird.

KLIMASCHUTZ:
Bayern und Baden-Württemberg sprechen sich für Klimaschutzmaßnahmen auf allen Ebenen aus. Dazu wollen sie selbst die Weichen stellen und auch beim Erhalt der biologischen Vielfalt und des Moorschutzes grenzüberschreitend zusammenarbeiten.

ENERGIEPOLITIK:
Beide Länder wollen einen schnelleren Ausstieg aus der Kohle, als der Bund bislang mit dem Jahr 2038 anpeilt. Zudem müssten die erneuerbaren Energien regional ausgewogen ausgebaut werden. Beide Länder setzen große Hoffnungen auf den Energieträger Wasserstoff und wollen in dem Bereich stärker kooperieren. (dpa)

Söder und Kretschmann fordern 200 Millionen für Batterieforschung 
Nach dem Votum der Bundesregierung für Münster als Standort für ein neues Batterieforschungszentrum fordern Bayern und Baden-Württemberg 200 Millionen Euro Forschungsgelder vom Bund. Damit wollen die beiden Südländer ein eigenes Forschungsnetzwerk mit Standorten unter anderem in Ulm, Augsburg, Nördlingen und Karlsruhe aufbauen. Man fordere für jedes der beiden Länder mindestens 100 Millionen Euro vom Bund, um diese Forschung voranzubringen, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Dienstag nach einer gemeinsamen Sitzung beider Kabinette in Meersburg am Bodensee. Beide Länder wollen dafür aber auch eigenes Geld in die Hand nehmen.

Söder kritisierte, die Entscheidung für Münster sei nach wie vor nicht nachvollziehbar. Das sei mehr als ein "Standort-Ärgernis", sondern existenziell: Denn anders als in Münster sei in Bayern und Baden-Württemberg industrienahe Batterieforschung möglich.

Der CSU-Vorsitzende warnte, wenn es bei der singulären Entscheidung für Münster bleibe sollte, werde Deutschland in der Batterieforschung nicht das Tempo eingehen können, das international nötig sei. "Das ist sozusagen ein Wettbewerbsnachteil fürs gesamte Land, selbst wenn es für Münster schön sein sollte", warnte Söder. Deswegen brauche es an der Stelle einen "starken neuen Aufschlag" des Bundes.

Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) sagte, man wolle sich der Zusammenarbeit mit Münster nicht verweigern. Es gehe aber darum, dass die beiden Südländer als Automobilstandorte das industrielle Umfeld für die Anwendung der Batterieforschung hätten. Insofern sei dies eine "andere Liga".

Söder verlangte vom Bund vollständige Transparenz darüber, wie die Entscheidung für Münster zustande gekommen sei. "Es geht um eine halbe Milliarde Euro - das ist sehr viel Geld." Söder verlangte wie die Opposition im Bundestag mehr Informationen zum Vergabeverfahren: "Die Ergebnisse der Expertenkommission sollten ins Netz gestellt werden. So wie das etwa bei der Maut geschieht. Wir würden es gerne einfach mal bewerten, ob das viele Geld wirklich effektiv verwendet wird."

Wegen der Standortentscheidung kommt es am Mittwoch auch zu einer Sondersitzung des Bundestags-Forschungsausschusses, bei der die unter Druck geratene Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) Rede und Antwort stehen muss. Die Opposition möchte von ihr wissen, warum die Bundesregierung Münster den millionenschweren Zuschlag gegeben hat. An der Wahl Münsters gibt es Kritik - auch, weil Karliczek aus Ibbenbüren in der Nähe von Münster kommt.
(dpa)

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