Politik

Wer steckt hinter einem Facebook-Post? Immer häufiger sind es Roboter statt Menschen. (Foto: Getty)

04.11.2016

Wenn Roboter Stimmung machen

Social Bots könnten auch in Bayern bald die politische Agenda beeinflussen

Wer nächste Woche die Präsidentschaftswahl in den USA gewinnt, hat das auch Robotern zu verdanken. Beide Bewerber nutzen im Wahlkampf sogenannte Social Bots, die versuchen, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Indem sie massenhaft täuschend echte Nachrichten in den sozialen Netzwerken verbreiten. Laut einer Studie der Universität Oxford besteht bei beiden Kandidaten ein Drittel der Follower aus solchen Robotern.

Bei deutschen Parteien sind die Meinungsroboter offiziell zwar nicht im Einsatz. Lediglich die AfD sieht darin Potenzial für ihre politische Überzeugungsarbeit – sagte sie neulich, ruderte aber schon wieder zurück. Die bayerische Regierung und die Landtagsfraktionen lehnen Bots geschlossen ab. „Oft verzerren die das Meinungsbild, weil sie Zustimmung oder Ablehnung in größerer Zahl vorgaukeln“, sagt Arbeitsministerin Emilia Müller (CSU) der Staatszeitung. Die Fraktionen kaufen auch keine Fans. Allerdings wird manchmal Geld gezahlt, um bei bestimmten Posts mehr Nutzer zu erreichen.

Der Bots-Verzicht der Parteien heißt aber nicht, dass Bots im kommenden Wahlkampf keine Rolle spielen. „Anhänger und Unterstützer von Parteien könnten diese ohne das Wissen der Parteiführung einsetzen“, meint Simon Hegelich, Experte für Political Data Science von der Hochschule für Politik in München. Eventuell könnten Parteien sogar bewusst wegschauen. Durch die Bots steigt laut Hegelich die Gefahr, dass Politiker Entscheidungen an fingierten Interessen ausrichten. Manche Experten fordern bereits eine Registrierung mit dem Personalausweis in sozialen Netzwerken. Was Hegelich ablehnt.

Eine ferngesteuerte Social-Media-Armee mit 10.000 Robotern kostet 500 Dollar

Momentan fehlen der Politik geeignete Methoden, um Bots zu bekämpfen. „Die technische Erkennung ist sehr anspruchsvoll und arbeitsintensiv“, erklärt der Verband der Internetwirtschaft. Zwar verweist Twitter darauf, dass die Roboter gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen. Und eine Facebook-Sprecherin versichert, dass Bots vom Team zur Bekämpfung von Missbrauch entfernt würden. Doch 1000 gefälschte Profile gibt es bereits ab 50 Dollar, eine ferngesteuerte Armee mit 10 000 Robotern ab 500 Dollar. Bei täglich 500 Millionen Tweets allein auf Twitter gleicht das einem Kampf gegen Windmühlen.

Klar ist: Das Internet wird für Wahlkämpfe immer wichtiger. In den USA gibt es für Trump-Anhänger inzwischen eine App, die Wahlkämpfern verrät, wo ein Republikaner und wo ein Demokrat wohnt. Das Clinton-Team hingegen setzt auf „Gamification“: Dabei macht sie sich das Interesse von Menschen zunutze, sich an Spielen zu beteiligen. Bei „Hillary 2016“ können die App-Nutzer wie in einem Computerspiel ihr eigenes virtuelles Wahlkampfbüro aufbauen.

Auch in Bayern versuchen die Parteien, die Trends auf der anderen Seite des Atlantiks aufzugreifen. Die CSU – ihre Mitglieder sind im Schnitt 59 Jahre alt – bespielt regelmäßig Facebook, Twitter, FlickR, Snapchat, Instagram und Youtube, um junge Wähler anzusprechen. „Jeder Kanal hat seine eigenen Gesetze, seine eigenen Regeln und andere Zielgruppen“, heißt es in der CSU-Zentrale.

Die SPD nutzt außer Snapchat und Instagram die gleichen Kanäle wie die CSU. Mit Instagram will sie allerdings zum politischen Aschermittwoch 2017 starten. „Social Media spielen für uns im Wahlkampf eine wichtige Rolle zur Mobilisierung in der Ergänzung, aber nicht im Ersatz der analogen Welt“, erklärt SPD-Kampagnenleiter Rainer Glaab. Die Posts in sozialen Netzwerken ersetzten zunehmend Pressemitteilungen. Im Landtagswahlkampf will die Partei vor allem auf Broadcasting im HD-Format und wohl auf den Instant-Messaging-Dienst WhatsApp setzen.

Die Grünen und die Freien Wähler beschränken sich bei ihren Internetaktivitäten auf Facebook, Twitter und Youtube. Der zunehmenden politischen Meinungsbildung im Netz und der damit einhergehenden Möglichkeit zur Manipulation zum Beispiel durch Bots will der FW-Vorsitzende Hubert Aiwanger durch eine Politik der Bürgernähe mit direktem Kontakt zu den Menschen vor Ort erreichen. Einziges Manko: „Leider erreicht man damit nicht so viele Menschen wie mit technischen Tricks.“ (David Lohmann)

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