Wirtschaft

Feierliche Eröffnung der DZI-Ambulanzen mit Durchschneiden des roten Bandes (von links): die Professoren Jürgen Schüttler, Harald zur Hausen, Georg Schett, Markus Neurath, Joachim Hornegger und Heinrich Iro. (Foto: Greiner)

02.08.2018

Einzigartig in Deutschland

Eröffnung des Deutschen Zentrums Immuntherapie: Erlanger Uniklinikum krönt langjährige Forschungserfolge

Professor Harald zur Hausen hat in Erlangen das Deutsche Zentrum Immuntherapie (DZI), eine deutschlandweit einzigartige Einrichtung, eröffnet. Ausgezeichnet 2008 mit dem Nobelpreis, legte er von 1972 bis 1977 als Inhaber des Lehrstuhls für Virologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg die Grundlagen für seine hohe internationale Ehrung, als er dort die Forschungen für das sog. humane Papillomvirus begann, das den Gebärmutterhalskrebs auslösen kann. Damit reihte er sich ein in die beeindruckende Historie der Immunforschung am Erlanger Universitätsklinikum.
Das DZI bündelt die Kompetenz etablierter Forschungsinstitute, um mit modernsten wissenschaftlichen Methoden und digitaler Gesundheitstechnologie gezielt Therapien für Krebspatienten und solche mit chronisch-entzündlichen Erkankungen anzuwenden und weiterzuentwickeln. FAU-Präsident Prof. Joachim Hornegger feierte diesen „Leuchtturm der Medizin“ für die interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedenster Fachrichtungen am Erlanger Klinikum.

„Es war das Paradies“


Hausen selbst sieht im DZI ein „großes Potenzial für zukünftige Entwicklungen“. Erlangen stehe immer in Konkurrenz zu München, doch die Medizinische Fakultät in der Hugenottenstadt sei gut sichtbar. Außerordentlich positiv blickt er auf seine fünf Jahre in Erlangen zurück: „Hier war es das Paradies, die Unterstützung durch die Universitätsleitung war phänomenal.“ Bei der Einweihungsfeier konnte er mit den Professoren Martin Röllinghoff, Joachim Kalden und Bernhard Fleckenstein drei herausragende Mitstreiter begrüßen, die gemeinsam die Erlanger Immunforschung zur internationalen Spitze geführt haben. Als Urahn gilt allerdings Adolf Kußmaul, FAU-Lehrstuhlinhaber für Innere Medizin von 1859 bis 1863.

Es ist also gut begründet, dass Erlangen im zehnten Jahr in Folge unter den „Top 3“ der Immunforschung in Deutschland zu finden ist, was sicherlich alles auch zur Gründung des DZI beigetragen hat. Wie sich die Immuntherapie entwickelt hat? Professor Georg Schett, Direktor der Medizinischen Klinik 3 Rheumatologie und Immunologie und neben seinem Kollegen Markus Neurath einer der beiden Sprecher der neuen Einrichtung, gibt ein Beispiel: „Hätten Sie vor zehn Jahren die Diagnose malignes Melanom erhalten, wäre das damals einem Todesurteil gleichgekommen. Heute haben Sie dagegen eine 50- bis 60-prozentige Chance auf Remission.“ Zusätzlich hat sich die Behandlung von Erkrankungen wie Rheuma, Schuppenflechte und Darmentzündungen in den letzten Jahren durch die Immuntherapie revolutioniert.“

24 Sprechzimmer


Das DZI – räumlich auf 1000 Quadratmetern mit 24 Sprechzimmern im Internistischen Zentrum untergebracht – wird künftig eine zentrale Anlaufstelle für einschlägig erkrankte Patienten sein, die sich selbstständig oder über ihren Haus- bzw. Facharzt an das DZI wenden können (Tel.: 09131/85-40333 für Patienten mit chronisch entzündlichen Erkrankungen und 09131/85-44944 für Krebspatienten, Montag bis Freitag von 8 bis 12 Uhr, www.dzi.live.de
).
Das DZI trifft auf ein Erlanger Alleinstellungsmerkmal am Standort Deutschland: Jahrelange Erfahrung in der Patientenversorgung und eine starke klinische Forschung kooperieren mit Partnern aus der Medizintechnik, den Naturwissenschaften und der Datenverarbeitung. Die neue Einrichtung passt sich ein in ein Universitätsklinikum, das mit seiner Kompetenz nach Nordbayern und darüber hinaus ausstrahlt: mit 1400 Betten, 7600 Mitarbeitern, 1200 Ärzten in 24 Einzelkliniken und 19 selbständigen Abteilungen, sieben Instituten und 36 interdisziplinären Zentren. 550.000 ambulante und 85.000 stationäre Patienten schenken pro Jahr dem Erlanger Uniklinikum ihr Vertrauen. In der Medizinischen Fakultät werden 4000 Studierende von 384 Professoren unterrichtet. Viele davon werden künftig dem DZI zuarbeiten und - davon geht Joachim Hornegger aus - das riesige Potenzial nutzen. Prof. Heinrich Iro, Ärztlicher Direktor des Klinikums, sieht durch das DZI eine Magnetwirkung, herausragende Forscher nach Erlangen zu bekommen.

Viele Nebenwirkungen


Professor Markus Neurath, Direktor der Medizinischen Klinik 1 Gastroenterologie, Pneumologie und Endokrinologie, skizzierte das umfangreiche Aufgabengebiet, das sich ableitet von den deutlich zunehmenden Erkrankungen wie Asthma (4,8 Millionen Fälle in Deutschland), Psoriasis (1,2 Millionen), Rheuma, Multiple Sklerose und Morbus Crohn. In der Immuntherapie galt früher das Kortison als Segen, allerdings mit vielen Nebenwirkungen ausgestattet. Um die Jahrtausendwende wurden erste Antikörper erforscht und angewendet, und dennoch benötigt man – auch angesichts von 480 000 Krebs-Neuerkrankungen im Jahr in Deutschland - laufend und dringend neue Diagnostik- und Therapieverfahren. Neue Bildgebungstechniken unterstützen die Forschungen. Neurath, nannte beispielgebend die Erlanger Kinder-, Haut- und Onkologiekliniken, die sich in letzter Zeit durch bahnbrechende Forschungen hervorgetan haben. Zudem haben sich zahlreiche Partner in das DZI eingebracht, so Siemens, die örtlichen Fraunhofer- und Max-Planck-Institute, Miracum und das Medical Valley.

In Erlangen mag man von einem weiteren Nobelpreis träumen. Dazu ein Tipp von Harald zur Hausen: „Wir müssen bei vorgefertigten Meinungen sehr viel mehr nachhaken, kritisch hinterfragen und mehr Antworten finden, intensiver arbeiten und uns nicht ständig überfahren lassen. Und einfach ein bisschen mehr quer denken!“ Im Übrigen kann man neben Hausen auch drei weitere Nobelpreisträger (alle Chemie) mit der Erlanger Universität in Verbindung bringen: Emil Fischer (1902) wirkte von 1881 bis 1888 als Professor, Eduard Buchner (1907) und Arthur Harden (1929) promovierten in Erlangen.
(Udo B. Greiner)

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