Wirtschaft

Dieser Lkw fährt mit Wasserstoff. (Foto: MAN Truck & Bus)

05.12.2025

Mehr Handel zwischen Bayern und Norwegen

Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger setzt auf intensivere wirtschaftliche Beziehungen

Der Freistaat und Norwegen wollen ihre wirtschaftlichen Beziehungen intensivieren. Darum hat sich Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) mit seiner norwegischen Amtskollegin Cecilie Myrseth in der Zentrale der Fraunhofer Gesellschaft in München getroffen. Dabei stand die Automobilindustrie besonders im Fokus.

„In Bayern setzen wir auf Technologieoffenheit. Deshalb lehne ich ein Verbrennerverbot ab, ebenso wie realitätsferne CO2-Reduktionsziele oder die Überregulierung unserer Unternehmen. Unsere Zusammenarbeit mit Norwegen wollen wir weiter stärken, vom Rohstoffhandel etwa mit grünem Wasserstoff bis zur Entwicklung innovativer Zukunftstechnologien“, sagt Aiwanger. Das Klima in der Weltpolitik sei rauer geworden, was zunehmend den Handel erschwere. Das sehe man zum Beispiel an den Zollerhöhungen der US-Regierung. Vor diesem Hintergrund ist es dem bayerischen Wirtschaftsminister zufolge umso wichtiger, dass die europäischen Länder zusammenhalten und ihre Beziehungen stärken.

Den europäischen Zusammenhalt stärken

Neben der Automobilindustrie sprachen Aiwanger und Myseth über eine intensivere Zusammenarbeit in den Bereichen grüner Wasserstoff, erneuerbare Energien, Elektromobilität und Batterien, Metallverarbeitung, Seltene Erden, Technologien zur grünen Transformation und Dekarbonisierung.

„Aktuell liegt der jährliche Bedarf an Wasserstoff und Derivaten in Bayern bereits bei circa 5 Terrawattstunden (sogenannter grauer Wasserstoff). Schätzungen für den mittel- bis langfristigen Bedarf beziffern sich auf 30 bis 75 Terrawattstunden an grünem Wasserstoff pro Jahr“, erläutert ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums der Staatszeitung. Dies könne als grobe Richtschnur verstanden werden, naturgemäß gebe es in einem im Hochlauf befindlichen Markt auf allen Stufen der Wertschöpfungskette immer wieder Anpassungsnotwendigkeit. Die tatsächlichen Abnahmemengen seien von vielfältigen Faktoren abhängig (zum Beispiel Entwicklung von Technologien, Kosten und Produktionsmengen, Rahmenbedingungen auf EU- und Bundesebene). 

„Der Hochlauf der Wasserstoff-Wirtschaft muss technologieoffen erfolgen. Das heißt, dort wo er wirtschaftlich tragfähig eingesetzt werden kann, soll er zur Anwendung kommen können“, betont der Sprecher. In einigen Wirtschaftssektoren, wie der chemischen und petrochemischen Industrie, sei Wasserstoff ein notwendiger Bestandteil der Produktion. Der Einsatz von grünem Wasserstoff sei dort im Rahmen der Energiewende „also alternativlos“, ebenso für den Transport und die Speicherung von erneuerbaren Energien über lange Zeiträume.

Aber auch in den Sektoren Mobilität, Wärme und Energie (H2-ready-Gaskraftwerke) biete Wasserstoff wichtige Ansätze zur Dekarbonisierung. Im Verkehrsbereich –  insbesondere bei schweren Nutzfahrzeugen – könne sich der Einsatz von Wasserstoff durchaus bereits kurz- bis mittelfristig abzeichnen, da er viele Vorteile biete. Dies sei technologisch sowie wirtschaftlich der Fall, etwa hinsichtlich Reichweite, Nutzlast und Tankverhalten.

Schwerlastverkehr dekarbonisieren

„Die Dekarbonisierung des Schwerlastverkehrs ist ein zentraler Baustein der deutschen Klimaziele 2030/2035 und der industriellen Wettbewerbsfähigkeit. Wasserstoff spielt hierfür eine wichtige Rolle – technisch, wirtschaftlich und geopolitisch“, sagte Felix Matthes, kommissarischer Vorsitzender des Nationalen Wasserstoffrats (NWR), während der jüngsten NWR-Sitzung in Hannover am 28. November 2025. Dort betonte der NWR, dass Deutschland über die technologische Basis und industrielle Stärke verfüge, um hier eine Führungsrolle einzunehmen. Entscheidend sei jetzt Geschwindigkeit, um im globalen Markt auch gegenüber Wettbewerberregionen wie Südkorea und China eine gute Marktposition zu sichern, mahnte das Expertengremium der Bundesregierung.

Der NWR betonte die Dringlichkeit des Handelns. In den kommenden zwei Jahren entscheide sich, ob Deutschland und Europa im Bereich emissionsfreier Antriebe für schwere Nutzfahrzeuge technologisch und industriell den Anschluss halten können oder diese Zukunftsmärkte an Asien verlieren.

Gleichzeitig erinnerte der NWR daran, dass der Schwerlastverkehr auf mehreren Wegen dekarbonisiert werden könne. Batterieelektrisch betriebene Schwerlast-Lkw würden im zukünftigen Güterverkehrssystem zwar eine zentrale Rolle spielen. Wasserstoff biete jedoch dort Vorteile, wo batterieelektrische Lösungen an physikalische, wirtschaftliche und infrastrukturelle Grenzen stoßen.

Deshalb hat der Münchner Lkw- und Bushersteller MAN schon mal begonnen, eine Kleinserie wasserstoffbetriebener Lkw zu bauen. „Mitte November 2025 haben wir mit der Produktion der ersten Wasserstofffahrzeuge begonnen“, bestätigt Unternehmenssprecherin Nicole Rienhardt der Staatszeitung. Die Kleinserie umfasse rund 200 Fahrzeuge und richte sich an ausgewählte Märkte wie Deutschland, die Niederlande sowie Regionen im Nahen Osten. „Da sich die Auslieferungen derzeit noch im Anlauf befinden, können wir aktuell noch keine konkreten Stückzahlen zu Auslieferungen nennen“, so die Sprecherin. Die erste Kundenauslieferung sei aktuell für Mitte Dezember geplant.

Wasserstoff-Lkw als sinnvolle Ergänzung

Grundsätzlich liege der strategische Fokus von MAN auf batterieelektrischen Fahrzeugen, da diese die höchste Energieeffizienz und die niedrigsten Betriebskosten unter den Zero-Emission-Technologien bieten. „Wasserstoff-Lkw sehen wir als sinnvolle Ergänzung für schwere Transporteinsätze“, so die Unternehmenssprecherin. Für den erfolgreichen Hochlauf des Wasserstoff-Lkw seien insbesondere der Ausbau einer leistungsfähigen Wasserstoff-Infrastruktur, die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff sowie dessen Preis und klare regulatorische Rahmenbedingungen ausschlaggebend.

Klar ist, dass Wasserstoff-Lkw aus München wohl auch gute Absatzchancen in Norwegen hätten. Denn dort lässt sich aus den vielen Wasserkraftanlagen Ökostrom gewinnen, mit dem man grünen Wasserstoff herstellen kann.

Insgesamt belief sich der bilaterale Handel zwischen Deutschland und Norwegen laut bayerischem Wirtschaftsministerium im Jahr 2024 auf insgesamt 37,1 Milliarden Euro. Seit Jahren machen Öl und vor allem Gas den mit Abstand größten Teil der deutschen Importe aus Norwegen aus: 2024 bezog die Bundesrepublik Gas für rund 15 Milliarden Euro sowie Öl für 4,5 Milliarden Euro.

12.200 bayerische Firmen in Norwegen

Bayern war 2024 zu etwa 4 Prozent am Gesamthandelsvolumen zwischen Deutschland und Norwegen beteiligt, das entspricht rund 1,62 Milliarden Euro. Wichtige Exportgüter aus Bayern sind dem Ministerium zufolge Autos, Wohnmobile, Lastwagen und Spezialfahrzeuge aber auch Fahrzeugteile wie Karosserien und Motoren. Außerdem werden landwirtschaftliche Maschinen, Pumpen, Kompressoren und Hebezeuge in das skandinavische Land exportiert, ebenso wie chemische und pharmazeutische Vorerzeugnisse sowie Waren aus Kunststoff.

Norwegen wiederum liefert Rohstoffe wie Erdöl, Erdgas oder Kupfer. Auch Geräte zur Elektrizitätserzeugung und -verteilung sowie Geräte zur mobilen Kommunikation kommen aus Norwegen nach Bayern. Landwirtschaftliche Produkte wie tierische Öle, Fette, Fische, Krebstiere und Weichtiere werden ebenfalls in den Freistaat geliefert. Über 12.200 bayerische Unternehmen unterhalten Geschäftsbeziehungen nach Norwegen.
(Ralph Schweinfurth)
 

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