Wirtschaft

Nebel liegt nicht nur hinter einem abgeernteten Hopfenfeld. Vernebelt scheint auch der Weg zu sein, auf den ein mutmaßlicher Betrüger immense Gelder des Hopfenrings gelenkt hat. (Foto: dpa/Felix Kästle)

05.02.2021

Verbrannte Erde bei den Hopfenbauern

Mehrere Lokalpolitiker unterhielten Geschäftsbeziehungen zu einem mutmaßlichen Betrüger oder dessen Firma

Bei den Hopfenbauern hinterließ Christian A. offenbar verbrannte Erde. Der Verein Hopfenring aus Wolnzach (Landkreis Pfaffenhofen) hatte dem Finanzexperten A. und dessen Firma CAC Finanz etwa 400 000 Euro ihres Vermögens anvertraut. A. meldete 2017 jedoch Insolvenz an, seine CAC Finanz ging pleite. Knapp 1500 Mitglieder des Hopfenrings und Dutzende weitere Anleger verloren fast ihr gesamtes eingesetztes Kapital. Insgesamt soll A. wohl fast fünf Millionen Euro Anlegergeld vernichtet haben.

Viele Investoren fühlen sich von Christian A. gelinkt und abgezockt. Die Staatsanwaltschaft München II ermittelt gegen ihn wegen des Verdachts auf Anlagebetrug. Christian A. bestreitet alle Vorwürfe. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Investoren wohl gelinkt

Ob Betrug oder missglückte Unternehmensführung – viele ehemalige Anleger wollen mit A. nichts mehr zu tun haben. Zwei Lokalpolitikern aus dem Landkreis Pfaffenhofen und einem Lokalpolitiker aus Augsburg dürfte es wohl ähnlich ergehen. Recherchen der Staatszeitung zeigen: Alle drei unterhielten geschäftliche Beziehungen zum mutmaßlichen Betrüger A., profitierten dabei wohl teilweise von dessen dubiosen Unternehmungen.

Besonders engen Kontakt zu A. und dessen Geld pflegte offenbar Kerstin Schnapp (Bündnis 90/Die Grünen). Seit Mai 2020 bekleidet die 44-Jährige den Posten der weiteren Stellvertreterin des Pfaffenhofener Landrats und sitzt im Kreistag. Schnapp ist politisch umtriebig. Sie kandidierte im Wahlkreis Freising für den deutschen Bundestag und wollte zudem für die Grünen ein Mandat im bayerischen Landtag erringen. Hauptberuflich verdingt sich Kerstin Schnapp jedoch als Prokuristin bei dem Unternehmen GFS Film Entertainment GmbH. Die Firma produziert unter anderem Werbung und dreht Filme. Schnapp arbeitet aber nicht nur für das Unternehmen, sie hält auch Anteile an der Gesellschaft mit Sitz in Pfaffenhofen.

Das wiederum verband sie mit Christian A. Der mutmaßliche Betrüger war ebenfalls etliche Jahre als Gesellschafter bei der Firma GFS Film beteiligt. Für mindestens acht Jahre gehörte A. ein Anteil an der GFS Film. Aus Unterlagen der Firma geht hervor, dass Christian A. wie Schnapp als Prokurist bei der Pfaffenhofener Filmproduktion GFS arbeitete. 2016 schied Christian A. aus der Firma aus, er gab seine Anteile am Unternehmen ab und trat von seiner Position als Prokurist zurück.

Offenbar ein besonderes Anliegen

Die GFS Film war dem angeblichen Betrüger A. offenbar ein besonderes Anliegen. Im Geschäftsjahr 2008 ging es der GFS Film schlecht. Die Gesellschaft war damals mit ungefähr 360.000 Euro bilanziell überschuldet. Christian A. sprang ein. Er unterstützte Schnapps Unternehmen mit einem Darlehen in Höhe von 225.000 Euro. Auch in den folgenden Jahren sollte Christian A. die GFS Film mit Kapital versorgen. Zwischen den Jahren 2011 und 2016 investierte A.s Firma CAC Finanz AG in Anleihen der GFS Film. Bei der CAC Finanz handelt es sich um jene Firma, mit der A. Anleger (viele davon aus dem Landkreis Pfaffenhofen) betrogen haben soll. Christian A. weist die Vorwürfe zurück.

Dennoch besteht der Verdacht, dass Geld von geprellten Anlegern der CAC Finanz bei Schnapps GFS Film landete. Insgesamt investierte A. über sein Unternehmen beinahe 600.000 Euro in Wertpapiere der GFS Film. Allein im Jahr 2016 flossen dabei knapp 144.000 Euro an Kerstin Schnapps Filmschmiede. Das geht aus der letzten Bilanz der CAC Finanz AG hervor. „Alle Verbindlichkeiten der GFS Film gegenüber Herrn A. und der CAC Finanz wurden vertragsgemäß beglichen“, antwortet Kerstin Schnapp auf Anfrage. Von Christian A.s angeblichen Betrügereien habe sie nichts geahnt. Zu weiteren Fragen möchte Schnapp keine Auskunft erteilen und verweist stattdessen an den Geschäftsführer der GFS Film. Doch Kerstin Schnapp und Christian A. kennen sich nicht nur von ihrer gemeinsamen Zeit bei der GFS Film. Schnapp überwachte drei Jahre lang die Geschäfte bei A.s mutmaßlicher Betrügerfirma CAC Finanz. Von 2010 bis 2013 bekleidete die Grünen-Politikerin den Posten einer Aufsichtsrätin bei A.s Aktiengesellschaft aus dem Landkreis Eichstätt. Warum hörte sie bei der CAC Finanz als Aufsichtsrätin auf? Schnapp erklärt heute, sie sei „aus zeitlichen Gründen“ ausgeschieden. Christian A. sei während ihrer Tätigkeit nicht der Vorstand der CAC Finanz AG gewesen. Von dubiosen Geschäften hat Kerstin Schnapp, so sagt sie, nichts mitbekommen.

Martin Rohrmann (CSU) konkurrierte in der Kommunalwahl 2020 mit Kerstin Schnapp um den Posten des Pfaffenhofener Landrats. Der 48-jährige Rechtsanwalt schaffte es in die Stichwahl, verlor aber. Im Pfaffenhofener Kreistag sitzt er der CSU-Fraktion vor. Auch Rohrmann hielt eine Beteiligung an der GFS Film Entertainment GmbH. Wie Kerstin Schnapp profitierte Rohrmann also wohl von den Finanzspritzen des mutmaßlichen Anlagebetrügers Christian A. an die GFS Film. Rohrmann gab seine Anteile am Unternehmen 2016 ab. Der CSU-Politiker beantwortete einen schriftlichen Fragenkatalog nicht. Telefonisch erklärt er, er habe die Anteile an der GFS Film geschenkt bekommen und sich um die Firma fast nie gekümmert. Von dubiosen Geschäften habe auch er nichts mitbekommen.

Ein Faible für Lokalpolitiker

Die GFS Film scheint nicht nur mit der CAC Finanz über Jahre Geschäfte gemacht zu haben. Die Pfaffenhofener Filmproduktion arbeitete zumindest in den Jahren 2010 und 2014 mit einem weiteren Unternehmen Christian A.s zusammen. Dieser betreibt unter dem Namen Waschbär unter anderem eine Waschanlage in Pfaffenhofen. In den „Waschbär News“, einer Werbebroschüre der Waschanlage, taucht die GFS Film als Ansprechpartner auf.

Christian A. schien ein Faible für Lokalpolitiker zu hegen. Als Kerstin Schnapp ihren Posten als Aufsichtsrätin bei der CAC Finanz 2013 niederlegte, musste die Firma Ersatz auftreiben. Fündig wurde man in Augsburg. Rechtsanwalt Peter Emil Monz übernahm die Aufgabe von Schnapp, die CAC Finanz als Aufsichtsrat zu kontrollieren. Monz amtiert derzeit als Sprecher des Grünen Ortsverbands Pfersee in Augsburg. 2018 wollte er für die Grünen in den Landtag, schaffte es aber nicht. Fragen zu seiner Tätigkeit bei A.s mutmaßlicher Betrügerfirma beantwortete Monz nicht.
(Vinzenz Neumaier)

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