Kommunales

Die Meinungen über das Graffiti gehen bei den Nürnbergern auseinander. (Foto: Pelke)

22.05.2025

„AfD ist gleich Nazis." Neuer Wirbel um Schmierereien in der Nürnberger Innenstadt

"Darüber kann man schon mal mit dem Kopf schütteln“, sagt Nürnbergs Dritter Bürgermeister Vogel

Hellblau, Dunkelblau: Blautöne gibt es bekanntlich ziemlich viele. Wenn aber Schriftzüge wie „Nazis Raus“ in der Farbe des Himmels auf öffentlichen Plätzen im Herzen der Stadt wie kürzlich in Nürnberg auftauchen, wissen spätestens seit der Einstufung der Alternative für Deutschland (AfD) als „gesichert rechtsextrem“ durch den Bundesverfassungsschutz schnell alle, wer gemeint ist.

Beifall vom Dritten Nürnberger Bürgermeister Christian Vogel (SPD) haben die unbekannten Parolensprüher trotzdem nicht bekommen. Der für die Sauberkeit in Nürnberg zuständige Sozialdemokrat ist sogar ziemlich verärgert gewesen über die Aktion auf dem Ludwigsplatz. „Manches will man und manches kann man einfach nicht verstehen. Das ist weder lustig noch ein Kavaliersdelikt“, kommentierte Vogel die grellblauen Botschaften auf den gerade frisch verlegten Pflastersteinen zwischen bekannten Warenhäusern wie dem „Wöhrl“ und historischen Wahrzeichen wie dem „Weißer Turm“.

„Kein Kavaliersdelikt“

Die heimliche Hauptstadt der Franken versucht gerade an allen Ecken die kränkelnde Fußgängerzone mit gestalterischen Beautykuren wie neuen Bäumen und schönen Bänken neuen Schwung zu verleihen. Dass der teure neue Bodenbelag nur innerhalb von wenigen Minuten verunstaltet wurde, zeuge laut Vogel von einer gehörigen Portion Ignoranz nicht nur gegenüber den Menschen, die sich dort gerne aufhalten, sondern auch gegenüber der Leistung der Arbeiter.

„Darüber hinaus wird die Beseitigung der Graffiti aus dem städtischen Budget finanziert, also mit Steuergeldern. Und darüber kann man schon mal mit dem Kopf schütteln“, begründet Vogel auf BSZ-Anfrage seine Unmutsbekundung auf Instagram inklusive giftgrünem Übelkeit-Emoji. Sprühaktion und Rathausreaktion hatten in Nürnberg wohl auch deshalb für vermehrte Schlagzeilen gesorgt, weil erst kurz zuvor ein vergleichbarer Vorfall ziemlichen Wirbel auslöste.

Im Rahmen der „Blauen Nacht“ – so nennen die Nürnberger ihre seit dem Jahr 2000 bestehende Museumsnacht, die nach den letzten Sparrunden in der klammen Großstadt aktuell nur noch alle zwei Jahre stattfinden kann – hatte die lokale Akademie der Bildenden Künste einer Absolventin untersagt, im Rahmen einer Ausstellung mehr oder weniger künstlerisch gestaltete „Aufrufe gegen Faschismus“ in verschiedenen Sprachen im Schaufenster des leer stehenden „Kaufhof“-Gebäudes zu zeigen.

Die Hochschulleitung sei laut Akademie-Sprecherin Petra Mayer der Meinung gewesen, dass die fragliche Anti-Faschismus-Arbeit in der politischen Großwetterlage zu konfrontativ sei. „Im Nachhinein war diese Entscheidung ein Fehler und man hätte sie im Schaufenster zeigen sollen“, bedauert die Akademie-Sprecherin rückblickend die Entscheidung, die mehrere Studenten mit Solidaritätsbekundungen quittiert hatten.

Tatsächlich knistert in Nürnberg die Luft zwischen den politischen Polen. Jeden Montag geht das „Team Menschenrechte“ beispielsweise gegen die Unterstützung der Ukraine mitten in der City auf die Straße. Erst in dieser Woche war die Stadt mit dem juristischen Versuch gescheitert, die von Medien häufig pauschal als „rechte Demos“ bezeichneten Versammlungen aus der Innenstadt verbannen zu dürfen.

Am Tag nach den blauen Anti-AfD-Parolen soll die stärkste Oppositionspartei, die bei der letzten Bundestagswahl mit 15,5 Prozent schon genauso viele Zweitstimmen wie die SPD in der fränkischen Industriemetropole erhalten hatte, auch noch einen Infostand in der Einkaufsmeile geplant haben.

Vergiftetes Klima

Auf der anderen Seite des politischen Spektrums dürfte sich die politische Stimmung zuletzt ebenfalls aufgeheizt haben. An der Nürnberger Akademie hatten Studenten erst im letzten Jahr mit Protestplakaten vergeblich gegen die Auslieferung einer ehemaligen Kommilitonin und vermeintlichen Linksextremisten nach Ungarn protestiert. In Budapest soll die angehende Künstlerin an koordinierten Körperverletzungen auf bekannte Rechtsextremisten beteiligt gewesen sein.

Vor diesem Hintergrund bemüht sich Vogel mit kreativen Werbeaktionen beispielsweise zur Bekämpfung des Straßenmülls seit Jahren nach Kräften, für mehr Ordnung und Sauberkeit auf den Straßen der fränkischen Großstadt zu sorgen. Vogel bewertet den jüngsten Sprühvorfall daher wohl auch ganz nüchtern als Vandalismus, der zur selbstverständlich Anzeige gebracht werde.
Nach der Aktion am Ludwigsplatz seien zum Ärger von Vogel sogar weitere Schmierereien am benachbarten Jakobsplatz aufgetaucht. „Wieder mit blauer Farbe“, sagt Vogel. Diesmal wären die Täter aber von der Polizei gefasst worden. „Es wird untersucht, ob es einen Zusammenhang gibt.“ (Nikolas Pelke)
 

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