Kultur

Szenenbild aus "Herz aus Gold". (Foto: Jan-Pieter Fuhr)

06.07.2018

Opulente Fugger-Show

Uraufführung von „Herz aus Gold“ am Roten Tor in Augsburg

Mittlerweile ist es gut 45 Jahre her, da hat Dieter Forte ein sehr freches und überaus erfolgreiches Stück geschrieben, das von Krieg, Kirche und Kapitalismus handelt, von Martin Luther & Thomas Müntzer, besonders aber von der „Einführung der Buchhaltung“. Da durfte auch der Augsburger Jakob Fugger nicht fehlen, der sie aus Venedig mitbrachte und fand: „Man wird nicht mehr von Kleinigkeiten abgelenkt. Sentimentalitäten, Rücksichten … Man sieht nur noch Geld.“ Heutzutage schreibt man über so etwas ein Musical, spielt die Uraufführung in Augsburg und die Augsburger jubeln über eine opulente Fugger-Show am Roten Tor: Herz aus Gold.

Der Librettist Andreas Hillger, der Komponist und Musical-Spezialist Stephan Kanyar wissen, was zu einer Musical-Freiluftsaison gehört: Lokalkolorit („Augsburg. Augsburg. Du herrliche Stadt“), die Geschichte eines Trump-Typs, der weltweit mitmischt und mit dem Sozialwerk „Fuggerei“ fürs eigene Seelenheil sorgt – aber eben auch eine gefühlvolle Lovestory.

Die hat man zum Lebenslauf Fuggers einfach hinzuerfunden: Die Jugendliebe Sibylla ist schon verheiratet, als Jakob aus Venedig zurückkommt, ihr Mann stirbt und sie wäre frei, aber zu alt, um den Fuggers noch einen Erben zu schenken. Hat aber eine Tochter, die heißt praktischerweise auch Sibylla, wird mit Fugger und seinem Geld verheiratet – aber es läuft trotz des Amen aus allen Augsburger Kehlen nichts in dieser Goldstück-Liaison.
Sibylla junior folgt den Freiheitsideen Luthers und verlässt ihren Mann – Yellow-Press-Geschichten also genug und Anlässe für gefühlsgetränkte Arien von Herz und Schmerz.

Kanyars Musical krankt nicht an musikalischer Magersucht, sondern kann sich Herz aus Gold sogar noch für den 2. Akt aufheben. Das singt der perfekte Fugger von Chris Murray zwischen seinem weltumspannenden Kontor und der großen Freitreppe aus lauter Goldstücken: Ja, so ein Herz aus Gold, das kann goldig, aber auch ganz schön hart sein. Das Fazit seiner Jugendliebe: „Wir haben uns verpasst!“ – trotzdem darf die attraktive Roberta Valentini ein schönes Duett mit Fugger singen.

Rumba-Rhythmen fürs Fugger-Familienquartett, musikalische Weite, wie sie Jakob besingt – das Stück bekommt durch Kanyars Musik immer wieder neuen Schmiss. Augsburgs Generalmusikdirektor Domonkos Héja ist sich nicht zu schade, für diese Jedermann-Konkurrenz sein Philharmonisches Orchester höchstselbst und höchst kompetent zu dirigieren. Holger Hauer wirft sich mit seiner Inszenierung den Augsburgern geradezu an die Brust und spielt als Fugger-Konkurrent Welser auch noch selber mit – in attraktiven Kostümen von Sven Bindseil und quirligen Drehbühnen-Zutaten von Karel Spanhak.

Wenn dann die Sommernacht über diesem schwäbischen Verona herniedersinkt, leuchten Fuggers Goldgulden, dass es einem kalt über den Rücken herunterrieselt. Chris Murray, der mit Goldhaube dem Jakob täuschend ähnlich sieht, gibt schließlich zu: „Allein, am Ende ist jeder allein.“ Aber Regisseur Hauer weiß Rat und macht aus der Freilichtbühne im Fackelschein ein riesiges Totentanz- und Narrenschiff-Tableau. Fugger und sein Gold, da hat man in Augsburg nicht gekleckert sondern geklotzt. (Uwe Mitsching)

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