Kultur

Ein entfesseltes Höllenspiel an Heiligabend: Wenn die Hexe Solocha von Ekaterina Semenchuk ihr Unwesen treibt und die Dorfbewohner vom Teufel besessen sind, werden bald Menschen aufgespießt und gegrillt. Auch sie selbst dreht lustvoll am Spieß (links). (Foto: Bayerische Staatsoper/Geoffrey Schied)

05.12.2025

Staatsoper-Premiere: Teuflische Spiele an Weihnachten

Die Staatsoper-Saisonpremiere am Nationaltheater bietet eine Rarität von Nikolai Rimski-Korsakow

Auf diese erste Premiere der neuen Staatsoper-Saison im Stammhaus musste man bis jetzt warten. Das ist ungewöhnlich, hat aber einen ernsten Grund. Das Münchner Nationaltheater musste dringend teilsaniert werden. Ab Mitte der 2030er-Jahre steht eine umfangreiche Generalsanierung an, doch bis dahin konnte jetzt nicht mehr gewartet werden.

Für die Teilsanierung wurde eine kluge Planung von dem Haus ausgetüftelt. Die Sommerpause wurde verlängert, und zwischenzeitlich tourte die Staatsoper durch China und nach Barcelona. Gleichzeitig wurde die erste Premiere der Spielzeit dem hauseigenen Opernstudio übertragen. Im benachbarten Cuvilliés Theater inszenierte Christiane Lutz die 1983 uraufgeführte Oper Die englische Katze von Hans Werner Henze.
Und jetzt folgte die erste Premiere im Stammhaus. Das lange Warten auf den eigentlichen Saisonstart der Staatsoper hat sich gelohnt. Dabei stand mit Die Nacht vor Weihnachten von Nikolai Rimski-Korsakow nach Nikolai Gogol ein Werk an, das eher zum Schattengewächs des Repertoires zählt. Für das Haus war es die erste Inszenierung einer Oper von Rimski-Korsakow überhaupt.

Warum für dieses Debüt ausgerechnet diese allgemein wenig bekannte und kaum gespielte Oper ausgewählt wurde? Weil wohl allein der Titel gut zur beginnenden Weihnachtszeit passt. Noch dazu spielt die Handlung im kleinrussischen, heute ukrainischen Dorf Dikanka. Auch die Partitur verarbeitet Volkslieder aus dieser Region, die heute ein Kriegsgebiet ist.

Trotzdem wäre ein Meisterwerk wie Der goldene Hahn, die letzte Oper Rimski-Korsakows, ungleich lohnenswerter. Dafür aber hat Barrie Kosky einmal mehr tief in seine Regie-Wunderkiste gegriffen. Mit viel Spieltrieb und Fantasie vereinte er Sinn und Sinnlichkeit.
Bei diesem Vierakter von 1895 ist das nicht gerade einfach. In diesem Stoff kommen christliche Symbolik, heidnischer Brauch, surreale Traum- und Märchenwelten, Dorfsatire und Liebesromanze zusammen: ein bunter Salat.

In einem Dorf treiben der Teufel und die Hexe Solocha ihr Unwesen (überaus präsent: Tansel Akzeybek und Ekaterina Semenchuk). Am Ende unterstützt der Teufel den verliebten Schmied Wakula. Dieser möchte die schöne Oksana heiraten, und dieses Paar wurde von Sergey Skorokhodov und Elena Tsallagova einnehmend verlebendigt. Vor der Heirat benötigt Wakula jedoch die glitzernden Schuhe der schrägen Zarin von Violeta Urmana.

Es ist bemerkenswert, wie Kosky zumal den Teufel zeichnet. In seiner Lesart ist er kein böser Mephisto, sondern gleicht Puck aus dem Sommernachtstraum von William Shakespeare. Das ist allein deswegen klug, weil Rimski-Korsakow im orchestralen Vorspiel den Anfang von Felix Mendelssohn Bartholdys Sommernachtstraum aufgreift.

Kosky inszeniert die Oper generell wie ein barockes Gesamtkunstwerk, und damit verweist er wiederum auf Henry Purcells Semi-Oper Fairy Queen nach Shakespeares Sommernachtstraum. Da wird viel Tanz und Akrobatik geboten, eine barocke Musical-Show eben. In Bühne und Ausstattung würzen Klaus Grünberg und Klaus Bruns kräftig nach. Durch dieses kunterbunte Spektakel führt der Teufel Koskys wie ein Puck-Conférencier, ohne wirklich die Strippen zu ziehen.

Das alles funktioniert, weil die Personenführung perfekt sitzt. Zwar wird auf die Dauer viel gehampelt und gezappelt, aber: Am Pult des Bayerischen Staatsorchesters entschlackt Vladimir Jurowski die farbenreiche Partitur, ohne ihr den Fluss zu nehmen. Das war hörenswert, insgesamt stimmig die Besetzung, großartig der Staatsopern-Chor. (Marco Frei)
 

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