Landtag

Zwei Polizisten stehen am Rande eines Feldes. Bei einer Übung zur Verteidigung am 22. Oktober ist ein Soldat der Bundeswehr durch einen Schuss der Polizei verletzt worden. Noch wird ermittelt, wie es dazu kommen konnte. (Foto: dpa/News5 | Lars Haubner)

14.11.2025

Innenminister nimmt Stellung: Wie kam es zur Beinahe-Katastrophe von Erding?

Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nimmt im Innenausschuss zum Vorfall in Erding Stellung, bei dem die Polizei einen Soldaten verletzte

Es war ein schlimmes Missverständnis, das auch tödlich hätte enden können: Bei einem Manöver der Bundeswehr in Erding verletzte die Polizei einen Soldaten – in der Annahme, dass dieser eine echte Bedrohung sei. Jetzt gab es dazu im Innenausschuss des Landtags einen Bericht mit Aussprache.

Am späten Nachmittag des 22. Oktober ging ein Notruf bei der Polizei ein: Im Erdinger Ortsteil Altenerding sei ein bewaffneter Mann in Tarnkleidung unterwegs. Sofort eilte ein Großaufgebot zur Straßenmeisterei, wo sich der Verdächtige aufhalten sollte. Gleichzeitig nahmen die Polizisten offenbar Kontakt zur Bundeswehr auf. Denn sie wussten: Auch in dieser Gegend sollte ab dem darauffolgenden Tag ein großes Manöver stattfinden.

Was in den folgenden wenigen Minuten im Detail geschah, ist Gegenstand der Ermittlungen. Fakt ist: Die Kräfte des Polizeipräsidiums Oberbayern-Nord nahmen die Bedrohung ernst. Erst recht, als auf ihre abgegebenen Warnschüsse offenbar ein Schuss von Soldatenseite folgte. Dass es sich dabei um Übungsmunition handelte, war ihnen nicht bewusst. Die Polizei erwiderte jedenfalls das Feuer mit scharfer Munition, woraufhin ein Soldat im Gesicht getroffen und verletzt wurde. Nicht nur für Polizei und Soldaten war das eine Ausnahmesituation. Auch die Anwohner sowie Kinder, die auf einem Sportplatz in der Nähe spielten, waren schwer verunsichert.

„Ich war auch persönlich sehr erschüttert“, erklärte nun Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Mittwoch im Innenausschuss des Landtags. Eine gute Zusammenarbeit von Sicherheitsbehörden und Bundeswehr sei heute wichtiger denn je. Umso tragischer sei, dass es ausgerechnet bei einer Großübung, bei der das Zusammenwirken von Bundeswehr, Polizei und Rettungskräften im Verteidigungsfall trainiert werden sollte, zu so einer Panne gekommen sei.

Noch ist nicht klar, warum sich nicht aufklären ließ, dass es sich bei dem Verdächtigen um einen Teilnehmer des Manövers handelte. Ebenso kann man sich fragen, warum von Soldatenseite in Richtung der Polizei geschossen wurde. Dachten die Soldaten, sie befänden sich schon mitten im Übungsszenario? Unklar ist auch, warum die Bevölkerung denken konnte, dass da ein schwer bewaffneter getarnter Straftäter unterwegs ist.

Es gibt klare Regeln für die Bekanntmachung

Für die Bekanntmachung von Bundeswehrübungen gibt es klare Regeln. „Nach unserem jetzigen Informationsstand wurden diese vorgeschriebenen Meldewege eingehalten“, sagte Herrmann. Der Fokus der Ermittlungen liege nun darauf, welche Informationen wann durch wen wohin übermittelt wurden. Dazu wurden laut Innenminister schon zahlreiche Nachrichten und Unterlagen ausgewertet und Zeugen befragt. Auch ein 3D-Scan des Geländes habe schon stattgefunden.

Inzwischen liegt auch eine Strafanzeige vor. Medienberichten zufolge klagt der Anwalt des verletzten Soldaten unter anderem wegen versuchten Totschlags. Daraus ist mittlerweile ein Vorermittlungsverfahren geworden. Herrin des Verfahrens ist die Staatsanwaltschaft Landshut, das 13. Dezernat des Landeskriminalamts ermittelt. Den Inhalt der Strafanzeige wollte Herrmann nicht kommentieren. Er sagte auch, er wolle nicht dem Ergebnis der Ermittlungen vorgreifen. Einige Sofortmaßnahmen wurden bereits in die Wege geleitet: So wurde eine Informationsplattform geschaffen, auf der mehr Details über die Übungen zur Verfügung stehen sollen. Und es werden nun Ansprechpartner genannt, die rund um die Uhr erreichbar sind. „Die Häufigkeit solcher Übungen wird wahrscheinlich weiter zunehmen“, sagte Herrmann. Deswegen werde man prüfen, wie man so einen Vorfall besser verhindern könne. Man müsse auch berücksichtigen, dass in Zeiten von Terroranschlägen eine größere Sensibilität in der Bevölkerung herrsche. 

Fehlerkette oder Verkettung unglücklicher Umstände?

„Aus purem Glück ist man an einer noch viel größeren Katastrophe vorbeigeschrammt“, sagte Florian Siekmann (Grüne). Er vermutete eine Fehlerkette, die sich ereignet haben müsse. Dem widersprachen mehrere Abgeordnete, allesamt früher bei der Polizei. „Eine Lagebewertung ist im Nachhinein immer sehr viel leichter“, sagte Holger Dremel (CSU). „Nach dem ersten Eindruck würde ich auch weniger von Schuldzuweisungen als vom Zusammentreffen unglücklicher Umstände sprechen“, meinte Richard Graupner (AfD). Christiane Feichtmeier (SPD) verwies auf die „Ausnahmesituation“, in der sich alle befunden hätten. Wolfgang Hauber (Freie Wähler) äußerte auch Verständnis für das Zurückschießen der Polizei – als Antwort auf das Soldatenfeuer. 

„Mir wäre auch daran gelegen, wenn das bald geklärt ist“, sagte Markus Trebes, Inspekteur der Bayerischen Polizei. Er warb um Verständnis für alle Beteiligten: „Es sind mehrere Menschen verletzt worden, einer körperlich, mehrere psychisch.“ Niemand habe böswillig gehandelt. Roland Weigert (Freie Wähler), der Ausschussvorsitzende, betonte, dass ein solcher Vorfall das Bewusstsein aller schärfen müsse: „Gesamtverteidigung ist heute ein wesentlicher Teil der Staatsfürsorge.“ (Thorsten Stark)

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