Es ist Mitte November, als im Tannenhof Oberweilbach im Landkreis Dachau die intensive Vorbereitung auf die Zeit startet, die für Chef Stefan Spennesberger das Jahresgeschäft bedeutet. Gerade verlässt ein Lkw voller Christbäume den Hof. „Die sind für den Weihnachtsmarkt in Bogenhausen“, erläutert der Tannenbauer und winkt seinen Sohn Michael heran, der mit einem Mitarbeiter eine weitere Lieferung bespricht. Der 51-Jährige wirft einen prüfenden Blick über den Hof. „Die Anspannung ist schon da“, sagt er.
Mit dem ersten Adventswochenende wurde es ernst. In einem Umkreis von 50 Kilometern rund um Oberweilbach kann man auf Parkplätzen, an Supermärkten und auf Weihnachtsmärkten Spennesberger-Bäume kaufen. Und natürlich auf dem Tannenhof selbst. Der Tannenhof ist ein Familienbetrieb und einer von rund 400 bayerischen Christbaumanbauern. Wie auf den allermeisten Christbaumplantagen im Freistaat wird hier konventionell gewirtschaftet.
Blaufichten waren mal sehr beliebt
Angefangen mit den Bäumen haben Stefan Spennesbergers Eltern in den 1980er-Jahren. Damals noch in einem sehr viel kleineren Maßstab als heute – und mit Blaufichten neben den Tannen. „Blaufichten waren zu dieser Zeit noch sehr beliebt“, sagt Spennesberger. Mittlerweile aber baut er nur mehr Nordmanntannen an. „Fichten werden nur noch vereinzelt nachgefragt.“
Spennesberger führt auf das erste Feld, das an den Hof anschließt. Links davon stehen einige sehr hohe Tannen, die in ihrer Mitte ziemlich gerupft aussehen. „Ein Frostschaden“, erzählt der Chef und führt aus, was es mit diesen Bäumen auf sich hat. Gepflanzt wurden sie 2012, sie wuchsen und gediehen, bis es im Winter 2017/18 so warm wurde, dass die Bäume erste Knospen ausbildeten, die dann, als es wieder kalt wurde, erfroren.
Als Christbäume lassen sich die meisten der geschädigten Bäume nicht mehr verkaufen – also lässt sie Spennesberger erst mal stehen und verwertet jetzt die Tannenzweige. Die werden für Adventskränze und Dekorationen auch immer gebraucht. Frost ist immer ein Thema bei den Christbaumanbauern. In diesem Jahr war es nicht der Frost im Winter, sondern der Spätfrost im Frühjahr. In ganz Deutschland, aber auch in anderen großen Erzeugerländern wie Dänemark, haben die eisigen Temperaturen im Mai für große Schäden in den Plantagen gesorgt. Dazu kamen in diesem Jahr ein ungewöhnlich trockenes Frühjahr und ein in Nordbayern sehr trockener Sommer.
Vor allem Neuanpflanzungen haben gelitten, beklagen dort einige Anbauer. Martina Kippes, die unter anderem im Gramschatzer Wald nördlich von Würzburg Christbäume anbaut, schätzt, dass zwischen 30 und 40 Prozent ihrer jungen Tannen vertrocknet seien. Auf dem Tannenhof hingegen halten sich die Schäden in Grenzen. „Wir hatten in Summe genug Niederschlag“, sagt Spennesberger, und was den Frost angehe, da habe man hier am Standort in Oberweilbach schon vor Jahren in eine Beregnungsanlage investiert. „Dieses Jahr haben wir die Anlage tatsächlich gebraucht.“ Die Pumpen sind bereits abgebaut, zu sehen sind nur noch die Sprinkler, die in regelmäßigen Abständen in den Feldern stehen. Bedroht Spätfrost die jungen Triebe, beregnen die Sprinkler die Bäume mit feinen Wassertropfen. Über den Trieben bildet sich eine Eisschicht. Durch die Erstarrungswärme, die entsteht, wenn Wasser gefriert, schützt die Eisschicht die Triebe vor dem Erfrieren.
In fünf Nächten und insgesamt für 15 Stunden lief die Anlage im Mai. Die Beregnung muss so lange durchgeführt werden, bis das Thermometer wieder den Plusbereich erreicht. „Das sind so Nächte, in denen schläft man nicht“, erzählen Vater und Sohn. Zu viel steht in solchen Nächten für das Unternehmen auf dem Spiel. Der Tannenhof gehört mit seinen 60 Hektar Anbaufläche an drei Standorten zu den größeren Christbaumerzeugern in Bayern.
Die meisten anderen Anbauer wirtschaften auf ein bis fünf Hektar, sagt Thomas Emslander, zweiter Vorsitzender des Verbands der Bayerischen Christbaumanbauer. Verkauft werden im Freistaat im Jahr rund vier Millionen Christbäume, wobei diese Zahl seit einigen Jahren leicht, aber stetig zurückgeht.
„Wir sind eine Fabrik ohne Dach“
„Wir haben in Bayern immer mehr Singlehaushalte, in denen dann kein Baum zu Weihnachten gekauft wird“, begründet Emslander die Negativentwicklung. Und dann gebe es noch den Plastikbaum, der immer mehr Zuspruch erfährt. „Die Menschen glauben, so ein Plastikbaum sei ökologischer.“ Emslander ist da – naturgemäß – anderer Meinung. Tatsächlich stellen aber auch wissenschaftliche Studien den künstlichen Tannen ein eher schlechtes Zeugnis aus.
Zurück auf der Plantage mit den echten Tannen. Acht bis zehn Jahre wachsen sie hier und rund 20 Prozent Verlust rechnet Stefan Spennesberger immer ein. „Wir sind eine Fabrik ohne Dach, irgendetwas ist immer“, sagt er. „Mal ist es das Wetter, mal der Frost, mal wachsen die Bäume einfach nicht so gut.“ Es vergeht kaum ein Tag im Jahr, an dem der Christbaumanbauer nicht auf den Feldern unterwegs ist. „Die meisten denken, die Tannen wachsen von alleine“, sagt er und zeigt auf das Feld mit neu angepflanzten Bäumen. „Aber es steckt viel Arbeit drin, dass sie zu schönen Christbäumen werden.“ Dazu gehören Maßnahmen zur Bodenverbesserung, die richtige Pflanzung der etwa drei bis vier Jahre alten Tannen, die Spennesberger von mehreren Baumschulen bezieht, und dann der Formschnitt. „Wir haben dadurch sehr viel weniger Probleme mit Pilzkrankheiten und Schädlingen.“
Die Spitze des Baumes wird mit einer speziellen Zange verletzt, was ihr Wachstum verlangsamt. So wird die Spitze nicht zu lang. Das nämlich mögen die Kunden nicht, ebenso wenig wie zu buschige Christbäume. Der ideale Weihnachtsbaum aus Käufersicht ist die schlanke Nordmanntanne zwischen 1,80 und 2 Metern.
Lange Spitzen will fast niemand
Dieses Jahr kostet der Meter Nordmanntanne zwischen 23 und 30 Euro und damit knapp einen Euro mehr als im Vorjahr. Auf dem Tannenhof können die Käufer ihren Baum selbst schlagen, das sei sehr beliebt, vor allem bei jungen Paaren und Familien, sagt Spennesberger.
Seinen eigenen Christbaum hat er schon im Sommer ausgesucht – ein schönes Exemplar. „Auch wir wollen uns freuen, wenn wir unseren Christbaum am Heiligabend anschauen.“ (Beatrice Ossberger)
Rund um den Christbaum und das Weihnachtsfest gibt es auch viele Traditionen, wie man unter diesem Link erfahren kann.
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