Politik

Sanierte Altbauten in München (Symbolfoto). (Foto: dpa/SZPhoto, Robert Haas)

24.10.2025

Teurer Bauen: Wenn Denkmalschutz den Bau günstiger Wohnungen ausbremst

Immer wieder kollidieren im Freistaat Denkmalschutz und Wohnungsbau. Der Verband bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW) ist alarmiert. „Es gibt viele aktuelle Beispiele, wo Denkmalschutz von unseren Mitgliedsunternehmen wirtschaftlich nicht leistbar ist“, heißt es dort. In Bayern sorgte zuletzt ein Fall im oberbayerischen Odelzhausen für Schlagzeilen. Die Gemeinde wollte, dass auf einem gut gelegenen Grundstück 30 Wohnungen entstehen. Doch daraus wird wohl nichts

Die Wohnungsnot im mittelfränkischen Weißenburg ist groß. Natürlich freute man sich, als eine Genossenschaft dort vor einigen Jahren verkündete, 100 neue Wohnungen für Menschen mit kleinem Geldbeutel bauen zu wollen. Bagger rollten an. Doch neue Gebäude stehen bis heute nicht. Unter dem Baugrundstück wurden Überbleibsel aus der Römerzeit vermutet, weshalb archäologische Grabungen angeordnet wurden. Die Kosten dafür belaufen sich auf über eine Million Euro. Das Projekt zog sich über Jahre hin. Die Baupreise und Darlehenszinsen explodierten. Zumindest einstweilen müssen die Weißenburger weiter warten.

Kein Einzelfall. Immer wieder kollidieren im Freistaat Denkmalschutz und Wohnungsbau. Der Verband bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW) ist alarmiert. „Es gibt viele aktuelle Beispiele, wo Denkmalschutz von unseren Mitgliedsunternehmen wirtschaftlich nicht leistbar ist“, sagt dessen Sprecher Tobias Straubinger der BSZ. Das Ziel, bezahlbare Mietwohnungen zu bauen, sei gefährdet.

Forsthaus wichtiger als bezahlbarer Wohnraum?

Bundesweit gibt es zahlreiche Fälle, in denen Bauherren Wohnungen für Normal- und Geringverdiener beerdigten oder abspeckten, weil die Denkmalschutzkosten explodierten. In Bayern sorgte zuletzt ein Fall im oberbayerischen Odelzhausen für Schlagzeilen. Die Gemeinde wollte, dass auf einem gut gelegenen Grundstück 30 Wohnungen entstehen. Also sicherte sie sich Anfang 2024 das Vorkaufsrecht vom Freistaat. Letzterem gehört das Gelände. Sozial gebunden sollten die Wohnungen sein. Doch der Traum vom bezahlbaren Wohnraum im teuren Großraum München ist vorerst geplatzt. Denn ein altes Forsthaus auf dem Gelände wurde zum Denkmal ernannt. Im Begründungsschreiben heißt es laut BR unter anderem, das Forsthaus schließe an die Tradition des historischen Bauernhofes an.

Für die Gemeinde ein Schock. Sie fürchtet, dass eine mit dem Denkmalschutz vereinbarte Lösung nur für gut betuchte Investoren zu bezahlen ist. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) teilt dagegen mit: „Nach Einschätzung des BLfD ist bei entsprechender Planung sowohl im Forsthaus als auch auf der angrenzenden Grünfläche vieles möglich – natürlich auch Sozialwohnungen zu schaffen.“ Im Fall Weißenburg war laut BLfD „allen Beteiligten von Beginn der Planungen an klar, dass sich auf dem fraglichen Grundstück eines der bedeutendsten Bodendenkmäler Bayerns aus der Römerzeit befand“.

Kompromisslösungen finden

In den allermeisten Fällen lassen sich laut Landesamt „Kompromisslösungen“ finden. Unstrittig ist aber: Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes kostet meist viel Geld. In Fürth etwa verteuerte sich eine Wohnanlage auch wegen Denkmalschutzauflagen, die eine kompliziertere energetische Sanierung nötig machten, erheblich. Die Genossenschaft konnte das Projekt nur mithilfe enormer staatlicher Unterstützung stemmen.

Doch nicht jeder Bauträger kann diesen Weg gehen. „Wir bräuchten einen Vorrang des bezahlbaren Wohnens vor überbordenden Auflagen oder einfach einen deutlich höheren finanziellen Ausgleich“, fordert deshalb der VdW. Weißenburgs Oberbürgermeister Jürgen Schröppel (SPD) wünscht sich einen Fonds, der ab einem bestimmten Betrag die Kosten für Denkmalschutz übernimmt. Immerhin: Seit Mai können Bauherren Zuschüsse beim Freistaat beantragen. Auch das CSU-geführte bayerische Bauministerium verweist auf diese Möglichkeit. Die SPD sowie Bauverbände sehen das Förderprogramm jedoch nicht mit ausreichend Mitteln ausgestattet.

Der Freistaat will das Denkmalschutzgesetz nun reformieren. Ziel sei es, „zu modernisieren und entbürokratisieren“, so eine Sprecherin des Wissenschaftsministeriums. Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau begrüßt diesen Schritt. Doch für etliche Projekte kommt er zu spät. (Tobias Lill)

Mehr zum Thema:

In Bayern soll eine Vielzahl an staatlichen Vorschriften und Auflagen für den kommunalen Wohnungsbau gestrichen werden. Der Ministerrat gab grünes Licht für 100 Maßnahmenvorschläge, die zuvor eine Kommission der Staatsregierung und der kommunalen Spitzenverbände erarbeitet hatte. Sie betreffen die Bereiche Bauen, Förderrecht, Soziales und Kommunalstruktur und haben das Ziel, die Kommunen durch Deregulierung und Entbürokratisierung zu entlasten. Mehr zum Thema lesen Sie hier.

 

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