Politik

Gottesdienst in Madagaskar (Symbolbild). Foto: dpa

28.12.2025

Zunehmende Christenverfolgung weltweit - doch Europa schaut zu

Vor allem in Afrika nimmt der Terror gegen Christen zu. In diversen islamistisch geprägten Ländern sowie kommunistischen Diktaturen werden sie ohnehin schon länger verfolgt - auch im hinduistischen Indien gibt es Diskriminierung. Doch Europa tut bislang kaum etwas für verfolgte Glaubensbrüder und -schwestern. Der in vielen Bereichen alles andere als christlich und zunehmend autoritär regierende US-Präsident Trump kann sich auch deshalb als alleiniger Schutzpatron einer bedrohten Glaubensgemeinschaft aufspielen. Eine Analyse von Tobias Lill

Es war eines der größten Massaker in Syrien seit dem Ende der Assad-Diktatur: Bei einem Selbstmordanschlag tötete ein islamistischer Terrorsit im Juni in einer Kirche in Damaskus mehr als zwei Dutzend Menschen. Kein Einzelfall – in zahlreichen Staaten wurden in diesem Jahr Christen aufgrund ihres Glaubens getötet. Nicht ohne Grund hat Papst Leo XIV. am zweiten Weihnachtsfeiertag in einer Messe an verfolgte und getötete Christen weltweit erinnert. „In Gedenken an den heiligen Stephanus, den ersten Märtyrer, rufen wir seine Fürsprache an, damit er unseren Glauben stärkt und die Gemeinschaften unterstützt, die am meisten aufgrund ihres christlichen Zeugnisses leiden“, sagte der Pontifex.

Islamisten terrorisieren Christen in zahlreichen Staaten

Die Situation von Katholiken, Protestanten, Kopten und anderer christlicher Gruppierungen hat sich in den vergangenen Jahren in vielen Ländern weiter verschlechtert. Laut dem Hilfswerk Open Doors sind Christen die weltweit am meisten verfolgte Religion. 2024 waren einem Bericht von Open Doors zufolge weltweit 380 Millionen Christen „wegen ihres Glaubens in hohem Maße Verfolgung und Diskriminierung ausgesetzt“. In dem nicht unumstrittenen Bericht werden 50 Länder aufgelistet, in denen Christen aufgrund ihres Glaubens verfolgt und diskriminiert werden. Neben Regimen in säkularen Diktaturen wie China oder Nordkorea setzen auch islamistische Regime sowie Terroristen den Gläubigen massiv zu.

Im Verfolgungs-Ranking der Organisationen folgen auf Nordkorea streng muslimische Staaten wie Somalia, Jemen, Libyen und Sudan. Auch Pakistan, Iran und Afghanistan rangieren in der traurigen Top 10. In Pakistan etwa wurde 2024 ein Christ, der von einem Mob beschuldigt wurde, Seiten aus dem Koran verbrannt zu haben, gelyncht. Nigeria und Eritrea, wo sowohl Christen als auch Muslime leben, stehen ebenfalls weit oben auf der Liste.

Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Zum Teil sind die Ursachen für Attacken auf Christen nicht religiöser Natur - etwa im Sudan und mitunter auch in Nigeria. Häufig stecken Kriminelle dahinter, nicht selten geht es schlicht um Macht oder Verteilungskämpfe.

Auch in Indien haben es Christen teils schwer

Zudem steht mit Indien auf Platz 11 ein mehrheitlich hinduistisches Land weit oben auf der Liste - und auch buddhistische Regime unterdrücken Christen. Ohnehin warnen Vertreter der Kirchen vor undifferenzierter Islam-Kritik. Denn weltweit verhält sich die absolute Mehrheit an Muslimen tolerant gegenüber Christen. Unstrittig ist aber: Ein ums andere Mal werden auch von Islamisten christliche Dörfer überfallen, Gläubige ermordet und Zehntausende vertrieben.

Open Doors spricht von mehreren Tausend Christen, die weltweit jährlich wegen ihres Glaubens getötet werden. Katholiken in Deutschland erinnerten am Freitag besonders an Christen in Nigeria. Sie seien immer wieder Zielscheibe islamistischer Terroristen, so der Augsburger Bischof Bertram Meier.

Der Beauftragte der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Thomas Rachel, hatte zuletzt Sorge um die Sicherheit an Weihnachten geäußert. Er sprach der Nachrichtenagentur epd zufolge von massiven Beeinträchtigungen in der Ausübung der Religionsfreiheit in dem Land.

Während im Norden des westafrikanischen Landes überwiegend Muslime leben, gehört die Mehrheit der Bevölkerung im Süden des 230 Millionen Einwohner zählenden ölreichen Staats christlichen Konfessionen an. Insbesondere im Norden Nigerias kommt es immer wieder zu Massenentführungen. Gewaltsame Überfälle und Entführungen, in deren Anschluss hohe Summen an Lösegeld verlangt werden, haben sich zu einer Strategie entwickelt, mit der kriminelle Banden und dschihadistische Gruppen ihre Aktivitäten finanzieren. Zuletzt waren in der Adventszeit wieder mehrfach Christen im Norden des westafrikanischen Landes entführt worden. Ende November wurden mehr als 300 Schüler und Schülerinnen einer christlichen Schule verschleppt, am vergangenen Wochenende kamen die letzten Geiseln nach Anstrengungen der Regierung wieder frei.

Auch moderate Muslime werden getötet

Radikale Islamisten töten nicht nur aus ihrer Sicht Ungläubige, sondern auch moderate Muslime. So wurden vor einigen Tagen im Nordosten des Landes bei einem Anschlag auf eine Moschee fünf Menschen getötet.

In Europa ist die Unterdrückung der Christen in immer mehr afrikanischen Regionen kaum ein Thema - anders in den USA. Dort machten nicht zuletzt evangelikale Gruppen, aber auch manche Katholiken, Druck auf Donald Trump, in Nigeria zu intervenieren. Der Präsident reagierte am ersten Weihnachtsfeiertag: Das US-Militär hat nach Trumps Angaben tödliche Angriffe auf Kämpfer des IS in Nigeria verübt, denen die Ermordung von Christen vorgeworfen wird. "Heute Nacht haben die Vereinigten Staaten auf meine ⁠Anweisung als Oberbefehlshaber hin ‍einen mächtigen und tödlichen Schlag gegen den IS-Terroristenabschaum im Nordwesten Nigerias ausgeführt", schrieb Trump auf der Plattform Truth Social.

Trump drohte, es würden noch weit mehr Terroristen getötet, sollte das "Abschlachten" von Christen weitergehen. Der Militärschlag sei auf Bitten der nigerianischen Behörden erfolgt, teilte das US-Militärkommando für Afrika, United States Africa Command (Africom), mit. Demnach wurden bei dem Einsatz im Bundesstaat Sokoto mehrere IS-Kämpfer getötet.

Bereits zuvor hatte Trump gedroht, militärisch einzugreifen, falls die „Tötung von Christen“ nicht aufhöre. „Wir waren erleichtert, als er das aussprach“, sagte der Erzbischof von Abuja, Ignatius Kaigama laut der Nachrichtenagentur KNA. Er forderte mehr klare Statements und aktives Engagement aus Europa.

Europa tut bislang wenig für verfolgte Glaubensbrüder und -schwestern. Stattdessen überlässt man dieses Feld den USA. Der in vielen Bereichen alles andere als christlich und zunehmend autoritär regierende Donald Trump kann sich auch deshalb als alleiniger Schutzpatron einer bedrohten Glaubensgemeinschaft aufspielen.

In Deutschland gibt es zwar keine Verfolgung von Christen. Doch auch hierzulande nahmen Attacken auf Kirchen zuletzt zu. Mehr dazu lesen Sie hier. (Tobias Lill)

 

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